Beschreibung des Vorschlags
Die Bahnstrecke Emmerich – Oberhausen wird für den Deutschlandtakt saniert und ausgebaut. Ich sehe allerdings statt einer Dreigleisigkeit großes Potenzial für eine weitaus wirksamere, leistungsfähigere und auch für die ferne Zukunft bessere Alternative in Form einer Neubaustrecke für 300km/h.
1. Notwendigkeit
Die Bahnstrecke Emmerich – Oberhausen ist Teil des europäischen Güterkorridors von Rotterdam nach Genua und dementsprechend ausgelastet. Auf niederländischer Seite hat man keine Kosten und Mühen gespart und die Betuweroute (NBS designiert für den Güterverkehr) gebaut, während es auf deutscher Seite erheblich hapert. Zwar baut man mittlerweile die Bestandstrecke aus, aber wie ich finde ist auf dem Abschnitt des Niederrheins noch mehr drin. Ich setze noch einen drauf mit einer – für den Güterverkehr nicht exklusiven, sondern freigegebenen – autobahn-nahen Neubaustrecke für 300 km/h zwischen Oberhausen und der Grenze. Mich wundert es ehrlich gesagt, dass ein solches Projekt bisher nicht vorgeschlagen wurde, da somit auch massive Fahrzeitersparnisse möglich sind. Ganz zu schweigen davon, dass selbst eine sechsgleisige Hauptstrecke bei einem Böschungsbrand oder Kindern am Gleis vollgesperrt wird, wo eine NBS folglich für Redundanz sorgt. Ich schlage hiermit vor:
Neubaustrecke Grenze Emmerich – Oberhausen-Sterkrade
-> 300 km/h für FV, 160 km/h für GV
2. Umsetzung
Durch die Autobahnnähe und sehr flache Landschaft hält sich die neue Raumeinschneidung in Grenzen. Von Süden kommend halte ich es für sinnvoll, den Abschnitt von OB-Sterkrade bis zum Rangierbahnhof OB-West viergleisig auszubauen. Für ein optimales Ein- und Ausfädeln sehe ich nördlich von Sterkrade passende Überleitstellen vor, die es den Zügen ermöglichen im Störfall jeweils auf die andere Strecke zu wechseln. Der Stadtwald Oberhausen, sowie das Gewerbegebiet Dinslaken Süd werden untertunnelt und nahe der A3 befindet sich das Nordportal. Auf der Karte erkennt man die Verlegung sämtlicher Straßen/Feldwege.
Die NBS folgt der A3 mit Tunneln und Brücken bis Wesel, wo sich ein Abzweig als Verbindungsspange befindet. Diese dient ebenfalls der Redundanz, sowie den Güterzügen, die Wesel als Destination haben. Es geht weiter nach Hamminkeln, wo die Ortschaft untertunnelt wird. Leider nicht ganz günstig, aber eine bessere Alternative habe ich nicht finden können. Weiter entlang der A3 wird schließlich vor der Grenze wieder zur Bestandstrecke geschwenkt und ein Kreuzungsbauwerk errichtet.
Sämtliche Tunnel werden in zwei Tunnelröhren eingeteilt, damit Güterzüge und Fernzüge sich nicht bei 300 km/h im Tunnel begegnen.
Aufgrund der wirklich hohen Frequenz an Güterverkehr auf dieser Strecke werden ca. alle 12-15 Kilometer Überholbahnhöfe errichtet, insgesamt 4 Stück. Mit ETCS sollte allerdings eine passende Zugfolge möglich sein.
3. Angebot und Fahrzeiten
Heute herrscht ein 120′ nach Amsterdam, im Deutschlandtakt ist bereits ein 60′ in Richtung Köln vorgesehen. Zwischen den Zügen ist dann selbstverständlich genug Platz für Güterverkehr. Nach meiner Erfahrung bewegt sich der Güterverkehr auf dieser Strecke im Durchschnitt bei 5-6 Güterzügen pro Stunde und Richtung, zu Spitzenzeiten auch mal noch mehr. Wahrscheinlich müsste gelegentlich ein Zug pro Stunde auf der Bestandstrecke verbleiben. Ich schließe mich all den offiziellen Plänen im D-Takt an, allerdings fordere ich für beide FV-Linien nach Amsterdam Rollmaterial für bis zu 300 km/h vor. Nur so kann die Zeitersparnis wirklich ausgeschöpft werden, diese liegt bei satten 24 Minuten zwischen Arnheim und Oberhausen. In meinen Berechnungen sind natürlich keine Faktoren wie Luftwiderstand eingerechnet, sowie keine Fahrzeitreserven (also kann man noch z.B. 1-2min drauf rechnen)
Oberhausen – Arnheim ohne NBS: 54min
-> 101km/h Average
Oberhausen – Arnheim mit NBS: 30min (+2min)
-> 190km/h Average, was die Strecke zu einer der schnellsten im ganzen Netz der DB macht(!)
(–> vgl. Ingolstadt-Nürnberg avg. 186 km/h, Mannheim-Stuttgart avg. 172 km/h)
Perspektivisch kann man aus dem Ganzen aber noch mehr machen. Ich sehe vor, die Züge der Relation FRA-AMS nicht mehr mit Richtungswechsel über Köln Hbf zu schicken, sondern über Köln Messe/Deutz (tief). Das kann weitere 11 Minuten(!) einsparen und umgeht den lästigen Verspätungshotspot am Hbf, es soll dann halt ein anderer ICE die Zugteilung vom Brüssel-ICE in KK übernehmen. Prinzipiell wären mit diesem Vorschlag (Verlängerung der Schnellfahrtrasse KRM bis nach Köln rein) noch weitere 2-3min drin.
FRA – AMS heute: 3h53min
FRA – AMS mit NBS und Linienführung über Messe/Deutz: 3h18min
–> FRA Flughafen – AMS: 3h03min
–> STU – AMS: 4h07min
–> DUS – AMS: 1h51min
–> NUE – AMS: 4h42min (D-Takt-Zeiten)
Gehen wir jetzt davon aus, dass bis dieses Projekt fertig ist auch Stuttgart 21, die NBS Ulm – Augsburg, sowie die NBS Frankfurt – Mannheim fertiggestellt sind, wäre die Relation AMS – MUC in gerade einmal etwas mehr als 5,5 Stunden möglich. Das könnte potenziell eine Konkurrenz zur Luftfahrt darstellen, auf den Flugverbindungen der Städte dazwischen aber definitiv.
Vergleich der Flugverbindungen:
FRA-AMS, 10/Tag
–> Reisezeit: Flug (40min) + On-Ground (20min) + Zeit am Airport (2x 60min) + Anreise/Abreise (2x 20min)
–> Flug insgesamt 3h40min, Bahn also -22min
STR-AMS, 5/Tag
–> Reisezeit: Flug (60min) + (3 Stunden Airport-Penalty)
–> Flug insgesamt 4h, Bahn also +7min
DUS-AMS, 5/Tag
–> Reisezeit: Flug (35min) + (3 Stunden Airport-Penalty)
–> Flug insgesamt 3h35min, Bahn also -1h22min (!!!)
NUE-AMS, 4/Tag
–> Reisezeit: Flug (65min) + (3 Stunden Airport-Penalty)
–> Flug insgesamt 4h05min, Bahn also +37min
Mit meiner Neubaustrecke konkurriert der ICE also mit 24 Flügen pro Tag und Richtung (-> 48) als ähnlich schnelle, wenn nicht schnellere Alternative, bloß ohne das lästige Anreisen zum Flughafen, durch Security gehen, auf das Gepäck warten und während der eigentlichen Reise angeschnallt ohne Internetzugang sitzen zu müssen.
Es sei aber nicht fälschlicherweise davon auszugehen, dass man auf einmal alle Flüge zwischen diesen Städten beenden kann. Die KLM und Lufthansa werden kaum alle Zubringerflüge zu ihren großen Hubs einstellen, da die ICEs nunmal in Amsterdam Centraal enden und nicht in Schiphol. Einzig auf der Relation DUS-AMS kann ich mir einen drastischen Rückgang vorstellen, ganz eventuell auch zwischen FRA-AMS.
Ich stelle mir zwei Linien im Zweistundentakt vor, die sich zum Stundentakt zwischen AMS und Frankfurt Flughafen ergänzen. Sie halten auf diesem Abschnitt nach dem heutigen Muster, aber in Köln Messe/Deutz (tief) statt Köln Hbf.
- 120′ ICE: Amsterdam – München
(via F Flugh. – Mannheim – Stuttgart – Ulm – Augsburg) - 120′ ICE: Amsterdam – Nürnberg (- beliebige Weiterführung)
(via F Flugh. – Frankfurt Hbf – Würzburg) -> theoretisch weiter nach Wien (?)
4. Bauwerke
- Stadtwaldtunnel, 4200m
- Lohbergtunnel, 900m
- Übf Bruckhausen
- Brücke Weser-Datteln-Kanal, 1000m
- Abzweig Wesel
- Isselbrücke, 150m
- Übf Wesel Nord
- Tunnel Hamminkeln, 2600m
- Tunnel Wertherbruch, 1200m
- Übf Werth
- Brücke Rees, 400m
- Übf Löwenberger Landwehr
Preistechnisch sollte sich das Ganze grob mit der SFS Ingolstadt – Nürnberg vergleichen lassen. Die reinen Baukosten der Strecke beliefen sich 2006 auf ca 2,3 Mrd. Euro. Das wären heute umgerechnet um die 4 Mrd. Euro, ohne Planungskosten. Da meine Neubaustrecke hier allerdings nicht nur 10km kürzer ist, sondern hat auch 18.000 Meter Tunnel weniger, somit solle man mit insgesamt 4 Milliarden Euro für das gesamte Projekt, inklusive Planung und weiteren Notwendigkeiten wie Relokalisierung einer seltenen Froschart.
Danke fürs Lesen!

Du hast den Vorschlag richtig gut ausgearbeitet, das hat sicher viel Zeit und Mühe gekostet. Tolle Sache! Das nötigt einem schon einiges an Respekt ab.
Inhaltlich bin ich persönlich dann leider nicht so ganz überzeugt, dass man hier eine 300 km/h-NBS braucht. Wie du ja herausarbeitest, ist die Relation besonders im Güterverkehr wichtig und das spricht eigentlich für eine gut ausgebaute, „normale“ Mischverkehrstrecke. Gerade durch die Kombination von Kurvenradien, die für 300 km/h geeignet sind *und* güterzugtauglichen – also niedrigen – Steigungen wird man in der Trassierung doch arg eingeschränkt und es wird sicher der ein oder andere zusätzliche Tunnel nötig.
Dazu kommt, dass Arnheim ja kein Knoten im Deutschlandtakt sein muss. Die Fahrzeit des Fernverkehrs auf genau 30 min zu senken, ist nicht so wichtig. Würde man die Streckenhöchstgeschwindigkeit weitgehend auf 200 km/h erhöhen, was ja nach dem Ausbau ohne allzu große Umstände möglich sein soll, wären sicher 45-50 min erreichbar, man wäre immer noch recht schnell unterwegs.
Fast alle Güterzüge auf die NBS zu leiten würde den dreigleisigen Ausbau des Bestands (mit modernem Lärmschutz und Aufhebung aller BÜ) ad absurdum führen. Mischverkehr von HGV und Güterzügen ist erfahrungsgemäß nicht der Königsweg.
Deine Kapazitätssorgen finde ich berechtigt, allerdings muss man anmerken, dass der aktuelle Seehafenhinterlandverkehr die Betuweroute nicht völlig auslastet. Diese ist aktuell eher etwas überdimensioniert.
Vor allem gäbe es naheliegendere Möglichkeiten, Gütermehrverkehr auf der Betuweroute aufzunehmen:
So könnten zusätzliche Güterzüge auch über Kleve und Geldern fahren, sofern man dieser Strecke endlich wieder ihr zweites Gleis spendieren und sie elektrifizieren würde. Das geschähe wahlweise über Nimwegen oder eine neue Rheinbrücke bei Elten – wo früher bereits ein Trajekt war. Selbst letztere wäre deutlich günstiger als eine NBS.
Und da ist dann noch der eingleisige Abschnitt zwischen Viersen und Kaldenkirchen, der auch lange schon einen Ausbau gerechtfertigt hätte. Die Niederlande errichten gerade eine Verbindung zwischen der Betuweroute und der Strecke nach s’Hertogenbosch bzw. Venlo.
Vielen Dank fürs Lob! Habe mir in der Tat wirklich Mühe gegeben 🙂
Womöglich habe ich mich nicht ganz richtig ausgedrückt, nämlich liegt mein Hauptziel dabei, die ICEs zu beschleunigen, aber auch gleichzeitig dem Kapazitätsproblem Abhilfe zu schaffen. Dass Arnheim und Oberhausen nicht passend zu Taktknoten verbunden werden müssen ist schon klar, ohnehin wäre die reale Fahrtzeit wahrscheinlich bei 32, was nichtmal ausreicht als wirklicher „Halbstundensprung“. Viel mehr geht es mir darum so viel Zeit rauszuholen wie möglich, um dem Luftverkehr zwischen FRA/STR und AMS zu konkurrieren, weshalb ich ungern die Trasse nur auf 200 beschränken würde. Ich sage mal bis 250 wäre ich noch bereit runterzugehen, weiter aber nicht.
Bei 250 würde die Fahrzeitgewinnung nämlich statt 22 Minuten (Fahrplanzeit, nicht Kantenzeit) nur noch bei rund 16 Minuten liegen. Natürlich immernoch gut, aber meine jetzt eingezeichnete Trassierung sollte eigentlich an allen Stellen die erwünschten 300 hergeben UND auch steigungsmäßig für den GV in Ordnung sein – ist ja schließlich eine beinahe topfebene Landschaft. Aber auch bei 250 werde ich nicht davon abweichen, dass eine NBS hier durchaus seinen Platz findet und sich lohnt.
Zum Vergleich, die NBS Ulm – Augsburg wird gerademal 15 Minuten einsparen und dass sie gebaut wird steht ja auch außer Frage. Man mag argumentieren, dass auf der Relation mind. dreimal so viele ICEs fahren wie Richtung NL, allerdings dient die Trasse Oberhausen – Arnheim nunmal vorwiegend dem Güterverkehr, zwar mit dem Ziel der Fahrzeitverkürzung auf der Relation, aber eben auch besonders um neue Kapazitäten zu schaffen. Nicht zu vergessen dass meine SFS bzw NBS um Welten günstiger sein müsste, da landschaftsbedingt eben nicht einmal halb so viele Tunnelkilometer und allgemein weniger Bauwerke nötig sein werden. Ich könnte noch weiter das Ohr abschwafeln von wegen wie die Anwohner weniger Bahnlärm bei einer NBS hätten blablabla und der Nahverkehr nach Emmerich kann ausgeweitet werden x y z – aber ich kann diese Argumente selber nicht mehr hören (:
Was Kleve angeht bezweifle ich, dass dort eine wirklich gute Verbindung gebaut werden kann. Richtung Elten stehen da heute schon Wohnhäuser und Richtung NL würde es eingleisig sein zum großen Teil, auch der Umweg über Viersen kann einer leistungsfähigen NBS nicht das Wasser reichen.
Also dass die von dir gezeichnete 300 km/h-Strecke die beste Option für den schnellen Fernverkehr wäre, denke ich ja auch. Problem ist ja nur, dass die Fernverkehrsnachfrage nicht so groß ist.
Meiner Meinung nach werden wir auch langfristiger gedacht über 1,5 Züge pro Stunde nicht wirklich hinauskommen. Aber nur diese Züge können die 250 bzw. 300 km/h ja wirklich gebrauchen. Daher meine Skepsis: Welche der Schnellfahrstrecken, die der D-Takt so voraussetzt, werden nur von 1 oder 1,5 Zügen/h genutzt? Meist werden eher 3 oder 4 Züge/h angenommen. Frankfurt-Mannheim soll von 7,5 Zügen/h befahren werden! Selbst die Strecke über Bad Hersfeld bekommt 2,5 Züge/h und ist ja auch eher kurz und nicht so schnell.
Versteh mich nicht falsch, ich wäre auch gerne schneller in Amsterdam und irgendwann sollte man diese grenzüberschreitende Verbindung auch im HGV vielleicht schaffen.
Aber ich kann verstehen, dass man erstmal an innerdeutsche Strecken denkt und für den Niederlande-Verkehr eine Hochleistungs-ABS mit der Option auf 200 km/h vorsieht. Man darf auch nicht vergessen, dass die Züge in den Niederlanden aktuell ohnehin eher nur 130-140 km/h fahren. Auch politisch wäre es glaube ich schwer zu vermitteln, wenn Deutschland all diese Investitionen in schnellen Fernverkehr tätigen würde, nur damit die ICE hinter Elten im RE-Tempo nach Utrecht bummeln. Man müsste da gemeinsame Investitionen koordinieren und ich denke in den Niederlanden stünde selbst dann nichts ambitionierteres als ein Ausbau des Bestands für 200 km/h überhaupt zur Rede.
In Kleve würde man im Fall der neuen Rheinquerung erstmal der Strecke nach Nimwegen folgen und dann Richtung Fluss nach Norden umschwenken, das ginge schon noch. In der Stadt selbst bräuchte man bestimmt aus Lärmschutzgründen einen Tunnel. Die Sache ist eben die, dass die Linksniederrheinische Strecke schon angesichts der aktuellen Fahrgastnachfrage ihr zweites Gleis und Oberleitung bekommen sollte – das würde eben nur ein Teil des Seehafen-Güterverkehrs ganz opportunistisch mitnutzen.
Was die Strecke über Viersen angeht, so ist diese für Fracht mit Ziel Köln, Frankfurt, Mannheim oder Basel gar kein wirklicher Umweg. Man würde natürlich Züge mit Ziel Hannover oder Ruhrgebiet weiter über Oberhausen fahren lassen.
Naja, ich mache mir ja auch nichts vor: Den Mut, einen echten Ausbau der Linksniederrheinische Strecke durchzusetzen – auch wenn das zwei, drei dutzend Güterzüge am Tag bedeutet, hat kein Politiker. Halbwegs realistisch ist noch die Zweigleisigkeit Viersen-Kaldenkirchen.
Ich nenne die Optionen einfach, weil sie eben den Mehrverkehr deutlich günstiger aufnehmen könnten als die NBS. Mit dem Abstrich, dass sie dem schnellen Fernverkehr nicht helfen.