Beschreibung des Vorschlags
Das Problem
Es ist ein offenes Geheimnis, dass der S-Bahn-Tunnel in Stuttgart – wie in anderen Städten auch – aus allen Nähten platzt. 24 Züge pro Stunde sind nunmal für eine zweigleisige Strecke zuviel für einen zuverlässigen Betrieb. Die S-Bahn ist sehr oft sehr verspätet, kein Vergleich zur sehr zuverlässigen Stadtbahn (ich kenne Leute die aktiv die S-Bahn vermeiden). Wenn ich dann daran denke, dass es offizielle Gedankenspiele über einen generellen 10-Minuten-Takt – das wären 36 Züge pro Stunde, eine Steigerung von 50%! – gab und gibt, schaudert es mir schon. Mit der aktuellen Infrastruktur wird dies auf keinen Fall ausreichen.
Die Ausgangslage
Mit dem Signalsystem ETCS2 soll ein 100-Sekunden-Takt möglich sein. Die Blockabstände mögen ja passen, allerdings gibt es ein Problem: Der Fahrgastwechsel am Hbf. Was das für Massen sind, die zur HVZ am Bahnsteig sind, das ist Wahnsinn. Ich behaupte, dass die Züge am Hbf schlicht zu lange stehen müssen, damit ein 100-Sekunden-Takt stabil fahrbar ist.
Die Idee
Wenn pro Richtung 2 Gleise zur Verfügung stehen, können hintere Züge „nachrücken“, also parallel zu einem bereits stehendem Fahrzeug einfahren. Dies erhöht die Zuverlässigkeit signifikant, da so doppelt so viel Zeit zur Abfertigung der Fahrgäste bereitstehen.
Außerdem wäre bei großen Verspätungen folgendes denkbar: Pünktliche S5 fährt am Hbf ein, endet an der Schwabstraße. Im Blockabstand folgt eine S1 nach Herrenberg, welche um mehrere Minuten verspätet ist und somit wichtige Anschlüsse insbesondere in Böblingen gefährdet sind. In so einem Fall kann sie S1 einfach die S5 überholen und holt somit 1-2 wichtige Minuten wieder rein. Da die S5 an der Schwabstraße endet, ist ihre Verspätung um ~3min ab Hbf in so einem Fall hinnehmbar.
Die Umsetzung
Ich sehe 2 Mittelbahnsteige vor, einen pro Richtung. So können flexibel kurzfristige Gleisänderungen gemacht werden, die Fahrgäste müssten sich nur einmal umdrehen. Die Führung unter der Friedrichstraße spart Kosten und schont u. U. auch das Mineralwasser.
Perspektiven
- Wenn der Halt Mittnachtstraße im Betrieb genommen wird, kann dort auf der Relation Bad Cannstatt – Feuerbach umgestiegen. Der längere Fußweg zwischen den S-Bahnsteigen ist dann kein Problem
- Es ließe sich eine Art Nachtsternverkehr einrichten, wo nordwärts S1, S2/S3, S4/S5 und S6 je eine halbe Bahnsteigkante und südwärts S1 und S1 je eine Bahnsteigkante nutzen.
- Der neue Mittelbahnsteig könnte in eine Bauvorleistung für eine zweite Stammstrecke integriert werden (ein langfristiges Projekt)
Durch den neuen Halt an der Mittnachtstraße wird der Hauptbahnhof bereits stark entlastet, da am Hauptbahnhof dann weniger umgestiegen werden muss.
Laut Wikipedia soll die Zugfolge auf 100 Sekunden gesenkt werden, da ETCS leistungsfähiger als das bisherige Zugsicherungssystem ist. Aktuell ist die Stammstrecke ja auch schon zu 96% ausgelastet, künftig werden es dann eben 100% sein. Vielleicht gelingt ja noch eine um wenige Sekunden geringere mögliche Zugfolge, dann gibt es wieder ein wenig Puffer.
Einen solchen viergleisigen Ausbau einer Station halte ich nicht für sinnvoll, da der Effekt nur marginal sein wird, alle anderen Stationen sind ja weiterhin nur zweigleisig.
Vielen Dank für die konstruktive Kritik!
Man muss schauen, wie sehr der Hbf wirklich entlastet wird. Das Gros der Fahrgäste haben ja das Zentrum als Ziel.
Von der Treppe zur Klettpassage kommen quasi im Sekundentakt Fahrgäste runtergerannt, die der Meinung sind, die am Gleis stehende Bahn auf jeden Fall noch kriegen zu müssen. Wenn die Lichtschranke einmal unterbrochen wird dann fängt der komplette Schließvorgang noch mal von vorne an (dauert um die 5 Sek). Dann noch 3 Sek wegen den Trittstufen. Das summiert sich. Mich würde es nicht wundern, wenn die Bahnen in der HVZ länger als 90 Sek am Hbf stehen. Ein dichterer Blockabstand ist einfach nicht drin. In München kann der dichte Takt nur aufgrund der spanischen Bahnsteige gefahren werden. Und selbst dort wird eine 2. Stammstrecke gebaut. War ETCS dort keine Option? Und Frankfurt hat bei gleicher Zugfolgezeit einen 4-gleisigen Hbf. Und dennoch endet die S7 im Kopfbahnhof. Stuttgart liegt qualitativ halt hinter Frankfurt und München, will aber ein genauso gleichwertiges Angebot. Das kann ja nur schief gehen.
Man kann schon festhalten, dass sich der Hbf durch eine deutlich höhere Nachfrage von den anderen Tiefhaltestellen absetzt. Ein viergleisiger Ausbau würde also schon einen positiven Effekt bringen, da die Haltezeit erheblich verlängert werden kann. An den anderen Haltestellen wäre ein 100-Sekunden-Takt rein nach den Haltezeiten schon drin.
Wenn die Lichtschranke einmal unterbrochen wird dann fängt der komplette Schließvorgang noch mal von vorne an
Möglicherweise könnte man auch hieran etwas ändern.
In München kann der dichte Takt nur aufgrund der spanischen Bahnsteige gefahren werden. Und selbst dort wird eine 2. Stammstrecke gebaut. War ETCS dort keine Option?
München hat allerdings bereits LZB, Stuttgart lediglich PZB.
In Stuttgart sind technisch 25 Züge pro Stunde möglich, genutzt werden 24.
In München sind dank LZB bereits jetzt 37,5 möglich, genutzt werden 30.
Eine Umrüstung auf ETCS würde vermutlich keine oder kaum zusätzliche Kapazitäten bringen.
Frankfurt hat bei gleicher Zugfolgezeit einen 4-gleisigen Hbf. Und dennoch endet die S7 im Kopfbahnhof.
Auch in Frankfurt ist aufgrund von PZB die Kapazität auf 24 Züge pro Stunde gedeckelt.
Man kann schon festhalten, dass sich der Hbf durch eine deutlich höhere Nachfrage von den anderen Tiefhaltestellen absetzt. Ein viergleisiger Ausbau würde also schon einen positiven Effekt bringen, da die Haltezeit erheblich verlängert werden kann. An den anderen Haltestellen wäre ein 100-Sekunden-Takt rein nach den Haltezeiten schon drin.
Ist halt die Frage, was tatsächlich das maximal mögliche am Hauptbahnhof ist und ob die wenigen zusätzlichen Züge pro Stunde dieses mindestens dreistellige Millionenprojekt rechtfertigen.
An den Halten Hbf und Stadtmitte gab es schon mal zentrales Türschließen, wurde aber (glaube ich?) wieder abgeschafft. Ich habe mal gehört dass das mit EU-Recht zusammenhängt.
Diese Taktangaben sind halt tatsächlich nur theoretische Werte. Man muss bedenken, dass die S-Bahnen immer mit den üblichen Minuten Verspätung an, weil ein Zug überholen muss oder jemand auf dem Außenast noch die Tür aufhält, damit der Freund noch die Bahn kriegt. Einfach lächerlich. Weder Frankfurt, noch Stuttgart, noch München sind auch für die hohe Pünkltichkeit bekannt…
Die Angebotssteigerung von einem T15 auf einen T10 wären immerhin 50%. Oder was meinst du?
Ich meine, was mit ECTS die höchste Zugfolge der Stammstrecke einerseits mit zweigleisiger und andererseits mit viergleisiger Station am Hauptbahnhof wäre.
Wenn man durch einen viergleisigen Ausbau den Hauptbahnhof als Flaschenhals beseitigt, wird die jetzt zweitwichtigste Station (welche ist das eigentlich?) zum neuen Flaschenhals.
Daher gehe ich davon aus, dass man durch einen viergleisigen Ausbau nur dieser einen Station die Zugfolge nur sehr marginal erhöhen kann.
Anders sähe es aus, wenn sämtliche Stationen viergleisig, die Strecke jedoch nur zweigleisig wäre.
Dies ist meines Wissens nach in Köln geplant.
In einem solchen Fall halte ich Zugfolgen von deutlich über 40 Zügen pro Stunde möglich.
Stadtmitte wäre der Platz 2. Potentiell eng, aber nicht kritisch. Mit Sicherheit nicht länger als 60 Sek Fahrgastwechsel, weil hier großteils Quell/Zielverkehr zu sehen ist, kaum Umsteiger wie am Hbf.
Wie sehr die Kapazität wirklich erhöht wird und ob sich der Aufwand lohnt, können nur Experten sagen. Und das bin ich nicht.
Wenn es dir nur darum geht, dass der Fahrgastwechsel zu lange dauert, dann wäre vermutlich der Umbau auf die spanische Lösung (immernoch ein Riesenaufwand) die einfachere Lösung, weil die Gleise bleiben könnten, wie sie sind und nur Seitenbahnsteige ergänzt werden müssten.
Deine Lösung mit völlig neuen Tunnelstrecken halte ich jedoch für bedenklich. Meines Wissens wurden für Stuttgart 21 extra U-Bahntunnels abgerissen und neu errichtet, um mit den neuen Tunnels nicht in zu große Tiefe geraten zu müssen, wo es Schwierigkeiten mit den Bodenverhältnissen gibt (Wasseradern und Anhydrit). Bist du sicher, dass deine Tunnel nicht zu tief sein müssten?
Nicht nur: Es wurde sogar eine Haltestelle (Staatsgalerie) 30 Meter höher komplett neu gebaut. Außerdem wurden und sind Innenstadttunnel teils jahrelang gesperrt.
Allerdings nicht (nur) wegen der Bodenbeschaffung, sondern weil der Tiefbahnhof westlich höher als die S-Bahn und östlich unter der Stadtbahn liegen muss. Ohne die Tunnelverlegung wäre diese wahrscheinlich zu hoch (als wären die 15‰ nicht schon hoch genug).
Seitenbahnsteige werden insofern schwierig, als dass ich nicht weiß, wie tief der Tunnel ist, und ob die Bahnsteige dann in Fundamente hineinragen würden. Da mein Tunnel jedoch ungefähr die selbe Tiefe wie der aktuelle S-Bahn-Tunnel hat, sehe ich keine Probleme.
Korrektur:
Ohne die Tunnelverlegung wäre diese wahrscheinlich zu steil (als wären die 15‰ nicht schon steil genug).
Der Bahnsteig der S-Bahn ist dort laut Wikipedia 20 m tief unter dem Kopfbahnhof. Das könnte tief genug sein, um daneben im Schildvortrieb Tunnels zu bohren, von denen man Durchbrüche zum Bestandstunnel erstellt, ähnlich wie am Marienplatz in München.
Der Kopfbahnhof hat aber auch eine gewisse Höhe, oder? So 5 Meter sind das ja locker. Spanische Bahnsteige beschleunigen tatsächlich den Fahrgastwechsel, erlauben allerdings keine längeren Haltezeiten. Außerdem kann der Bau nicht unter rollendem Rad erfolgen, der Tunnel müsste lange gesperrt werden – und da reagieren die Stuttgarter zuweilen allergisch drauf 😉
(Hintergrund: Sommer 2021 war die Röhre planmäßig dicht, die S-Bahnen fuhren über die Gäubahn. Dann allerdings stellte man hohen Verschleiß fest, der Gäubahn-Betrieb musste sofort eingestellt werden. Dadurch wurde die S-Bahn faktisch in 2 Teilnetze geteilt wurde. Ein Ersatz-Ersatzverkehr musste her, und der verlief chaotisch. Die Bahn gelobte Besserung durch engmaschige Kontrollen. Und siehe da, 2022 lief es… wieder schief, das Dilemma wiederholte sich 1:1, Man könnte meinen, man hat nix gelernt. Mal schauen, wie es 2023 wird^^)
Mal davon abgesehen, dass ich mir nicht vorstellen kann, wie eine solche Station unterhalb von S21 gebaut werden kann – könnte man nicht, wie ich in einem anderen Vorschlag mal angedeutet habe, die Viergleisigkeit bis Stadtmitte fortführen und anschließend Abzweigen, um so einen Tunnel zum Marienplatz zu bekommen? Da müssten dann aber entsprechende unterirdische Kreuzungsbauwerke errichtet werden, und einen konkreten Plan zur Bedienung habe ich da ja auch nicht. Würde auch den Kritikpunkt von Baum entkräften, aber ist halt alles andere als einfach und günstig.
Im übrigen war es wahrscheinlich auch gar nicht so sinnvoll, Mittnachtstraße nur zweigleisig zu errichten, sonst hätten ja z. B. eben die S5 und S1 gleichzeitig einfahren können und eventuell auch gleichzeitig weiter zum Hauptbahnhof.
Eine zweigleisige Zu- und Abfahrt im Bereich des Hauptbahnhofs Richtung Mittnachtstraße wäre aber eventuell auch noch sinnvoll, um besser auf Störungen und Sperrungen reagieren zu können, und bei Bedarf könnten so auch Züge im Hbf unten gewendet werden statt über Schwabstraße (falls es dafür einen Nutzen gibt).
Danke für deinen Kommentar!
Man könnte Baugruben am Kurt-Georg-Kiesinger-„Platz“ und evtl. auf dem Gelände des Kopfbahnhofs (wenn Stuttgart 21 in Betrieb geht) Baugruben realisieren. Alternativ auch S21 für 1-2 Monate lahmlegen, um im Trog z. B. die Erde zwischenzulagern. Dann sollte allerdings unbedingt der gesamte Kopfbahnhof als Umleitung zur Verfügung stehen.
Also eine 2. Stammstrecke? Hm, wäre ein Vorschlag für sich. Aber ich weiß ja nicht: Der Modal-Split von Einpendlern aus dem Umland mit dem ÖPNV ist schon ziemlich hoch (siehe hier, ab S. 9), wieviele Leute will man denn noch zum Umsteigen bewegen (gerade aus dem Rems-Murr-Kreis – 73% sind sensationell)? Ich würde so weit gehen und sagen: Mehr als ein 10-Minuten-Takt ist auf der S-Bahn langfristig nicht notwendig – und der kann ja angeblich mit vorhandener Infrastrukter (abgesehen von den Signalen) und spätestens mit einem viergleisigem Hbf gefahren werden. Vor allem weil der T15 tagsüber noch lang nicht ausgelastet ist.
Man sollte sich eher auf den MEX konzentrieren, denn es ist grundsätzlich schon erkennbar: Je besser die MEX/RE-Verbindung, desto höher der Modal-Split für den ÖPNV. Ich bin eh schon für einen T15 zur HVZ auf allen wichtigen MEX-Achsen (Rems, Murr, Neckar, Fils, Gäu). Enz und Neckar-Alb bewusst nicht, weil die Fahrzeit des MEX ggü. dem IRE sehr hoch ist. Mit der Ergänzungsstation sind vielleicht sogar genügend Kapazitäten vorhanden. Aber ich schweife ab – wär das nicht was fürs Forum?
Mittnachtstraße wird wohl deshalb so gebaut, wie sie gebaut wird, damit ein einfacher Umstieg S1-3/S4-6 möglich ist. Ansonsten würden die Leute aus Bequemlichkeit am Hbf umsteigen, und der Sinn des Haltes wäre ad absurdum geführt. Glücklich bin ich damit auch nicht, anders geht es aber wohl nicht. Viergleisig vom Hbf bis zur Mittnachtstraße wird deshalb auch schwierig.
Ja der MEX müsste da definitiv vorher kommen. Ob der bestehende S-Bahn-Tunnel geeignet ist sieht man möglicherweise auch erst, wenn das Angebot ausgebaut ist, aber mehr Gleise bedeuten ja auch wieder mehr Kapazitäten für potentielle neue Linien (wohin auch immer). Muss mal ein bisschen googeln obs da ne Art Linienplan dazu überhaupt gibt.
Die Umsteigesituation an der Mittnachtstraße habe ich komplett ausgeblendet, aber wenn irgendwann Tangentiallinien eingerichtet würden (LB-CAN, oder LB-VAI) wäre es nicht mehr notwendig, da die Umsteiger zu fokussieren. Wobei man ja trotzdem die Gleise entsprechend verlegen kann um die entsprechenden Beziehungen zu ermöglichen, auch mit 4 Gleisen bei 2 Bahnsteigen. Umsteigen Richtung Vaihingen dann z. B. wie in deinem Vorschlag am Hauptbahnhof, Richtung Bad Cannstatt dann an der Mittnachtstraße.
Das würde an der Mittnachtstraße aber dazu führen, dass Züge Richtung Hbf von unterschiedlichen Bahnsteigen abfahren. Eigentlich würden auch 3 Gleise genügen, allerdings sind da trotzdem die Umsteiger, welche man nie komplett ersetzen kann, weil man nicht alle Tangentialverbindungen mit der T-Spange abdecken kann.
Hab das übrigens mal ins Forum ausgegliedert, da ich das Thema zu Off-Topic, aber sehr interessant fand.