Beschreibung des Vorschlags
Die Struktur Stuttgarter S-Bahn-Netz ist geprägt davon, dass zahlreiche Linien aus verschiedensten Richtungen kommen, jedoch größtenteils von Nordosten in die Stammstrecke einfahren. Im Süden gibt es hingegen nur zwei fortführende Streckenäste. Diese Netzstruktur ist bedingt durch die Topografie, welche im Stuttgarter Raum äußerst kompliziert ist. Für einige Relationen nehmen die Bahnstrecken daher Umwege in Kauf, die sich durch eine geradlinigere Streckenführung umgehen ließen. Problem ist natürlich: hier muss schon ein gewisser Aufwand getrieben werden, insbesondere hinsichtlich längerer Tunnel.
Im konkreten Fall geht es um Stuttgarts Nachbarstadt Leonberg (48 000 EW) sowie weitere, in der Nähe liegende Orte wie Renningen und Gerlingen (jeweils knapp 20 000 EW). Damit kommt schon ein ordentliches Fahrgastpotenzial zusammen, welches zudem die bestehenden Strecken entlastet. Der Clou: durch den Beginn der neuen Verbindung direkt hinter dem Bahnhof Schwabstraße können die dort zuhauf endenden Züge auf die neue Strecke durchgebunden werden, sodass die Stammstrecke nicht zusätzlich belastet wird.
Problematisch ist, natürlich, die Topografie. Wie schon angedeutet, muss ein großer Teil der Strecke im Tunnel gebaut werden. Der Bereich Botnangs, unter dem der Bahnhof zu liegen kommt, liegt ungefähr auf 350 m Höhe. Der Bereich in Bergheim, wo ein kurzes Stück oberirdisch sein kann, ebenfalls. Dazwischen steigt das Gelände jedoch (je nach genauer Streckenführung) über 400 m an. Das heißt zwar, dass der Tunnel nur minimale Steigungen überwinden muss, jedoch liegt er gleichzeitig stellenweise sehr tief unter der Erde, was ihn natürlich verteuert.
Erschlossen werden zwar hauptsächlich Leonberg und Gerlingen (jeweils mit mehreren Stationen), aber auch die Anbindung zahlreicher anderer Orte verbessert sich: Stuttgart Botnang z. B., aber auch die an den Anschlussstrecken liegenden Orte Renningen, Weil der Stadt und Ditzingen können besser und schneller an Stuttgart angebunden werden.
Die Linien würden sich wie folgt verändern:
- Die S6 wird gestrichen
- Die S4 und S5 übernehmen die Südäste von S2 und S3, die dafür über die neue Strecke nach Leonberg geleitet werden
- Die S3 führt nach Weil der Stadt, die S2 macht in Leonberg Kopf und fährt bis Ditzingen (dort ersetzt sie Leistungen der S6, da hier sonst nur die S60 verkehrt)
(Ein Tausch der Südäste zwischen S1/S2/S3 und S4/S5/S6 wird möglicherweise nach Stuttgart 21 sowieso erfolgen)
Einer Verlängerung der U6 nach Leonberg, um Leonberg besser zu erschließen, steht dieser Vorschlag nicht im Weg. Ich verlinke mal die Vorschläge von Ulrich Conrad und Der Galaktische.
Ehrlich gesagt denke ich nicht, dass es sich lohnt eine so tunnelreiche Strecke für StÄdte zu bauen, die allesamt schon an das S- bzw. U-Bahn Netz nach Stuttgart angeschlossen sind. Der Nutzen, der nur der zusätzlichen Kapazität und kürzeren Fahrzeit (nicht jedoch in einer Neuanbindung von Fahrgästen) liegt, dürfte in keinem Verhältnis zu den Kosten stehen.
Höhere Realisierungschancen würde ich eher in kleineren Maßnahmen wie z.B. einer Verbindungskurve bei Böblingen sehen, welche die Städte an der S60 besser an den Stuttgarter Süden und Westen anbindet.
Übrigens ist der Grund warum so viele Strecken aus Norden kommen vor allem darin zu sehen, dass sie ursprünglich allesamt in den Kopfbahnhof führten und die Stammstrecke im Süden lediglich auf die Gäubahn und die Strecke zum Flughafen mündet.
Die Kritik ist vollkommen berechtigt, und ich habe sie auch genauso vorausgesehen. Mir ist schon klar, dass diese Idee etwas übertrieben ist, andererseits erscheint sie mir durchaus schlüssig und technisch denkbar ist sie auch.
Neu angebunden werden tatsächlich keine Fahrgäste, jedoch verkürzen sich die Fahrzeiten insbesondere für die Bewohner von Gerlingen (Stadtbahn bis Stadtmitte ~30 min, neu geschätzt ~10 min, es sind neu 10 km Strecke), die ja aktuell nur die langsamere Stadtbahn haben. Zudem wird die Stammstrecke entlastet, da Züge Richtung Leonberg jetzt westlich ausfädeln können und damit mehr Durchgangsverbindungen machbar sind. Somit könnte man, bei gleichbleibender Belastung, mehr Züge aus anderen Richtungen fahren lassen.
Ob das die Kosten auffängt, kann ich natürlich nicht sagen. Ich schätze den Kapazitätsgewinn jedoch als sehr groß ein, da das komplette System aus S-Bahn und Stadtbahn durch die neue Strecke entlastet wird. Insbesondere können dann Fahrgäste auch Fahrgäste aus Weilimdorf und Wolfbusch die U6 Richtung Gerlingen nutzen, um zur S-Bahn und somit in die Innenstadt gelangen (und umgekehrt). Damit wird die U6 gleichmäßiger ausgelastet.
Ja, die Sache ist die, dass ein KNV u.a. an dem Effekt gemessen wird, wie viel Verkehr auf der Achse neu generiert bzw. von anderen Verkehrsträgern verlagert wird, nicht jedoch an dem, welcher von anderen Linien abgezogen wird. Und das wird bei diesem Vorschlag halt der maßgebende Teil sein. Also sicher ein Nice-to-have für alle Leonberger etc. jedoch wird dieser Vorschlag nur dann realistisch sein, wenn die bestehenden Strecken (und Fahrzeuge) trotz einer Inbetriebnahme dieses Neubaus weiterhin voll ausgelastet sind.
Ansonsten verstehe ich wohl den Sinn dahinter, sehe aber andere Neubaustrecken, welche den SPNV auf den weißen Flecken im SPNV des Großraums Stuttgart bringen, als prioritär an. Danach könnte man eine Strecke wie diese sicher in Erwägung ziehen.
„Für einige Relationen nehmen die Bahnstrecken daher Umwege in Kauf, die sich durch eine geradlinigere Streckenführung umgehen ließen.“
Seit wann darf die S-Bahn nicht Umwege nehmen, um durch Siedlungsgebiete zu fahren. Vergleich mal die Relation Stuttgart – Leonberg: Deine Strecke unterquert den Stadtwald, die S6-Strecke fährt fast durchgehend durch Siedlungen (Ditzingen, Korntal, Zuffenhausen, …)
„Damit kommt schon ein ordentliches Fahrgastpotenzial zusammen, welches zudem die bestehenden Strecken entlastet.“
Ist denn die S6 – Strecke überlastet mit einem 15min-Takt?
„durch den Beginn der neuen Verbindung direkt hinter dem Bahnhof Schwabstraße können die dort zuhauf endenden Züge auf die neue Strecke durchgebunden werden, sodass die Stammstrecke nicht zusätzlich belastet wird.“
Ja, das ist in der Tag ein Vorteil. Aber zu welchem Preis denn? Ausreichend Neukunden im ÖV wird man nämlich nicht bekommen, welche die Maßnahme rechtfertigen – denn sowohl Leonberg als auch Gerlingen sind ja bereits gut an den ÖV angeschlossen.
„[…] die S2 macht in Leonberg Kopf und fährt bis Ditzingen (dort ersetzt sie Leistungen der S6, da hier sonst nur die S60 verkehrt)“
Das ist doch eher absurd, oder? Ditzingen ist man in 18min am Hbf mit der S6. Mit einer Führung mit Kopfmachen in Leonberg wären das doch eher 5-10min länger, das nutzt dann aber auch keiner und man kann es sich sparen. Folglich kommt man aber auch nicht um einen 15min-Takt Leonberg – Zuffenhausen – Stuttgart herum (bei würde ja z.B. Korntal auch nur noch alle 30min mit der S60 bedient werden) und kann sich somit eigentlich das ganze gleich schenken 😉
Ist denn die S6 – Strecke überlastet mit einem 15min-Takt?
Es geht weniger um die Strecke der S6, sondern eher um die Stammstrecke selbst und die Zulaufstrecke darauf. So wird die Strecke Zuffenhausen–Feuerbach, die partiell nur 4 Gleise hat, auch mit S21 noch von allen von Norden einfahrenden Zügen befahren. Hier werden somit Kapazitäten frei.
Das ist doch eher absurd, oder? Ditzingen ist man in 18min am Hbf mit der S6.
Gute Fahrzeitschätzungen kann ich leider nicht liefern. Jedoch denke ich, dass du die Dauer der Fahrt auf der neuen Strecke deutlich zu hoch einschätzt. Ditzingen als Endpunkt habe ich gewählt, da hier die Fahrzeit auf beiden Wegen ähnlich lang sein sollte. Vielleicht habe ich mich da unklar ausgedrückt, aber der Takt Leonberg–Zuffenhausen soll gleich bleiben wie heute (15/30 min), die dort fahrende S60 (kann man dann eigtl. auch in S6 umbenennen) zur Volllinie werden. Ggf. muss der Verkehr Leonberg–Ditzingen dann auch nicht sein, in Leonberg sind entsprechende Abstellanlagen vorhanden.
„sondern eher um die Stammstrecke selbst und die Zulaufstrecke darauf.“
… und …
„aber der Takt Leonberg–Zuffenhausen soll gleich bleiben wie heute (15/30 min), die dort fahrende S60 (kann man dann eigtl. auch in S6 umbenennen) zur Volllinie werden.“
… verstehe ich nicht so recht. S6 und S60 verkehren ja gekuppelt, du willst die S6/S60 ja weiterhin alle 15-30 Minuten fahren lassen, soll die Linie dann in Zuffenhausen enden? Weil wenn sie weiter auf die Stammstrecke fährst, hast du genauso viel Zugpaare dort wie vorher und keine Entlastung 🙂
„So wird die Strecke Zuffenhausen–Feuerbach, die partiell nur 4 Gleise hat, auch mit S21 noch von allen von Norden einfahrenden Zügen befahren. Hier werden somit Kapazitäten frei.“
Im Regelbetrieb ist hier (mit ganz wenigen Ausnahmen) Linienbetrieb, sprich zusätzliche Lücken im S-Bahn-Betrieb können auch nur mit S-Bahnen, gerade bei S21, aufgefüllt werden.
Schöne Idee