Beschreibung des Vorschlags
– Erläuterung folgt –
Mein Vorschlag zielt auf einen finanzintensiven Ausbau der Bahnstrecke zwischen Braunschweig und Gifhorn von einer eingleisigen, nicht-elektrifizierten und baulich schlecht gesicherten Nebenbahn zu einer zweigleisigen, elektrifizierten Hauptbahn. Dies beinhaltet insbesondere Kurvenerweiterungen, Brückenbauwerke und Grundstückszukäufe und -abrisse.
Begründung
Die Bahnstrecke Braunschweig–Wieren entstand zwischen 1889 und 1900, und somit in einer Zeit, in der die grundsätzlichen Magistralen in Deutschland bereits gebaut waren. Sie ist baulich mit einer streckenweise gültigen vMax von 60 km/h und einer außergewöhnlich hohen Anzahl technisch nicht gesicherter Bahnübergänge sehr leistungsschwach und war im späten 20. Jahrhundert stilllegungsgefährdet. Dadurch ist sie in der Region eine derjenigen Bahnstrecken, deren Potenzial im aktuellen Zustand am wenigsten ausgeschöpft werden kann, insbesondere im Hinblick auf die Relation Hamburg – Uelzen – Gifhorn – Braunschweig (- Kreiensen – Göttingen).
Die Strukturschwäche dieser Bahnlinie zeigt sich zwischen Braunschweig und Gifhorn an der RB 47: Diese Bahnlinie wurde erst 2020 vom Zweistundentakt zum Stundentakt ausgebaut, Rötgesbüttel wurde hierzu mit einem Kreuzungsbahnhof versehen. Ein Indiz zur Unzuverlässigkeit dieser neuen Verbindung findet sich in einem Artikel der Gifhorner Rundschau vom 10. August 2021 („Stundentakt Gifhorn-Braunschweig hakt“).
Da ein Zeitungsartikel keine betriebliche Begründung darstellt, sind für diesen Abschnitt offiziell erhobene Betriebsstatistiken interessant. Ob diese die Aussage des Zeitungsartikels decken, weiß ich nicht.
Der Regionalverband Großraum Braunschweig plant, die RB 47 zwischen Gifhorn-Stadt und Braunschweig mittelfristig zum Halbstundentakt auszubauen. Ein weiterer Kreuzungsbahnhof in BS-Kralenriede ist hierfür in Planung. Die eingleisige Bestandstrasse wird somit weiter außerordentlich belastet. Eine Verfügbarkeit im Güterverkehr oder perspektivisch gar für weitere Nah-/Fernverkehrsverbindungen (BS – Hamburg) ist somit nicht vorhanden, unabhängig davon ist eine attraktivitätssenkende Unzuverlässigkeit der Strecke vorprogrammiert.
Der großzügige Ausbau der Trasse ist in der Möglichkeit zum perspektivischen Ausbau der Verkehrsachsen Kreiensen/Vienenburg – Braunschweig – Uelzen – Hamburg sowohl im Güterverkehr als auch im Schienenpersonenfernverkehr begründet. Intertrain fasste vergleichbare Gedanken im Jahr 2017 in seinem Vorschlag Korridorentlastung Nord-Süd-Achse Uelzen – Braunschweig – Kreiensen zusammen.
Maßnahmen
Ziel des Projekts ist die konsequente Kapazitätssteigerung durch Erhöhung der vMax und vollständig zweigleisigen Ausbau. Im Bereich der Stadt Braunschweig treten keine Abweichungen zur Standardtrasse auf, da diese aufgrund der engen Bebauung nicht möglich sind. Allerdings sind Zukäufe von privaten Grundstücken insbesondere in Bienrode nötig. Kontroversen und Widerstände durch den Lärmschutz etc. sind zu erwarten, deren resultierende Maßnahmen ggf. einen finanziellen Mehraufwand bedeuten werden.
Nördlich der auszubauenden Mittellandkanalsbrücke bis südlich Meine sowie bei Ausbüttel wird die Trasse mit dem Zweck einer vMax-Erhöhung abschnittsweise begradigt. Alle technisch nicht gesicherten BÜ werden bei Vertretbarkeit aufgegeben, ansonsten technisch gesichert und im Bereich südlich Meine durch Überführungen ersetzt.
Aktuelle Planungen auf der Strecke (Oktober 2021)
Erfreulicherweise hat die Bahnstrecke Braunschweig – Wieren bereits sehr hohe Priorität beim Regionalverband Großraum Braunschweig. Er veröffentlichte erst im Oktober 2021 eine neue Meldung, in der konkrete Aussagen zum geplanten Ausbau der Strecke getroffen werden:
- Erhöhung der vMax auf der Strecke in Teilabschnitten auf 100 km/h
- „vorhandene Geschwindigkeitseinbrüche [sollen] beseitigt werden“ -> vermutlich Bimmelbahn-BÜ mit Pfeiftafeln, sprich technisch nicht gesicherte Bahnübergänge, technisch sichern oder aufgeben
- seriöse Kostenbewertung existiert Ende 2021 noch nicht
- Planungsbeginn Mitte 2022
Dies widerspricht grundsätzlich nicht dem oben genannten Vorschlag, sondern ist besonders in Hinsicht auf die BÜ komplementär. Da dieser Vorschlag aber selbstverständlich nicht dem RGB bekannt und erörtert/diskutiert ist, findet er auch keinen Niederschlag in deren Planungen.
Update 28. Oktober 2021
Die von joflo angebrachten Detailhinweise zur Trassierung und Geschwindigkeit wurden übernommen. In Folge dessen wird in Meine-Vordorf ein neuer Haltepunkt und auf einer Länge von mehreren Kilometern südlich von Meine eine komplett neue Trassierung entstehen.
Die große Frage: Wozu? Was ist der Zweck dieses Ausbaus?
Dem Personenfernverkehr könnte er höchstens als Ausweichstrecke bei einer Sperrung der Weddeler Schleife dienen; wobei dazu zusätzlich noch eine Verbindungskurve bei Isenbüttel in Richtung Calberlah nötig wäre. Und der Vorteil wäre auch nur für die Anbindung von Braunschweig, ansonsten kann der Fernverkehr unter Umgehung Braunschweigs auch über Hannover ausweichen.
Dem Güterverkehr bringt er nichts, solange nicht auch der Abschnitt Gifhorn-Wieren ausgebaut wird. Allerdings wäre es auch dann nur eine Ausweichstrecke (der Hauptverkehr in Richtung Nordsee-Sachsen soll über Stendal laufen). Einzig lokaler Güterverkehr hätte einen Vorteil, da bei einem Halbstundentakt der Regionalbahn kein Platz mehr wäre. Allerdings gibt es derzeit keinen (oder fast keinen) lokalen Güterverkehr, für das bisschen sollten Ausweichgleise ausreichen.
Der Personennahverkehr kann bereits mit den geplanten Ausbaumaßnahmen zu einem 30-Minutentakt mit Richtungsanschlüssen in Gifhorn von/nach Gifhorn Stadt ausgebaut werden. Lediglich für Korrespondenzanschlüsse in Gifhorn wäre ein weiterer Ausbau auf durchgehend 120 nötig. Das zweite Gleis wird so oder so nicht benötigt.
Deshalb nochmal die Frage: Was soll der teure Ausbau bezwecken, das die Strecke nicht auch jetzt schon bieten kann?
Danke für deine skeptischen Punkte. Ich werde morgen, spätestens die Tage genau darauf eingehen und sie einzeln beantworten.
In erster Linie stärkere betriebliche Zuverlässigkeit, eine höhere Attraktivität dieser Strecke gegenüber dem MIV und die perspektivische Nutzbarkeit durch überregionalen Verkehr (über Gifhorn hinaus) parallel zum bereits im Ausbau begriffenen Regionalverkehr zwischen BS und Gifhorn. Eine größere Neutrassierung wurde im Braunschweiger Raum in den 1950er-Jahren in der Stadt Salzgitter vorgenommen, und zwar zwischen Salzgitter-Drütte und Salzgitter-Bad in Form des Baus der hier nun vorhandenen Bahnstrecke. Sie dient nun dem RB 46 als schnelle Verbindung, kann ihr Potenzial aber aufgrund der fehlenden Elektrifizierung nicht nutzen. Im Besonderen ist hier an die Anbindung Braunschweigs Richtung Hamburg gedacht – dies bedingt, dass auch die Strecke Uelzen – Gifhorn ausgebaut wird. Dieser Plan ist somit vorbereitend hierfür.
Ich gebe dir für den Güterverkehr Recht, dass eine reguläre Nutzung der Strecke nur im Verbund mit einer Reihe weiterer Projekte relevant ist: Der Ausbau Uelzen – Gifhorn und die Elektrifizierung Braunschweig – Vienenburg – Halle / Braunschweig – Kreiensen seien hier genannt. Die Elektrifizierungen sind langfristig absehbar, der Ausbau Uelzen – Gifhorn eher nicht.
Fernverkehr über Wieren kann, wie von Intertrain erwähnt, auch über die Weddeler Schleife nach Gifhorn geführt werden. Hierfür wäre lediglich eine Verbindungskurve bei Sülfeld nötig. Der Umweg wäre dann gerade mal 2 km, die Fahrtzeit wegen der höheren Geschwindigkeit aber nicht länger. Dafür spart man viel Geld und den Anwohnern einigen Lärm.
Beim Nahverkehr sollte es keine Probleme mit der Zuverlässigkeit geben, da die RB47 nicht mit anderen Linien in Berührung kommt (ok, 200 Meter in Gifhorn liegen auf der Lehrter Bahn). Im Zweifelsfall kann man da aber auch mit einzelnen zusätzlichen Überholgleisen nachhelfen. Der 30-Minuten-Takt ist ebenfalls ohne Zweigleisigkeit stabil möglich.
Lediglich für Korrespondenzanschlüsse in Gifhorn wäre ein deutlicher Ausbau nötig (wobei die Zweigleisigkeit wegfallen kann, wenn Hauptbahnhof-Gliesmarode beschleunigt würde; auch wenn dafür wohl einige Schrebergärten aufgegeben werden müssten).
So, nach der allgemeinen Kritik jetzt noch ein paar etwas konstruktivere Hinweise:
Kralenriede-Bienrode: Der Ausbau auf 140 km/h zwischen zwei Bahnhöfen im Abstand von 2 km ist etwas sinnlos; selbst spurtstarke Regionalzüge kommen da nur ganz knapp auf 140 km/h, bevor sie wieder bremsen müssen.
Die Kurve am Braunschweiger Hauptfriedhof hat einen Radius von etwa 300 Metern. Die angegebenen 100 km/h sind damit nicht möglich. Für eine Beschleunigung müsste die Kurve hier deutlich erweitert werden und mindestens den Lünischteich berühren.
Da für den vorgeschlagenen zweigleisigen Ausbau eh die Brücke über den Mittellandkanal und die SÜ der B4 in Wenden neu gebaut werden muss, kann man auch gleich die ganze Strecke von Wenden nach Meine neu bauen: Die Strecke in Wenden links der B4 lassen und parallel zu ihr über den Mittellandkanal führen, dann direkt nach Meine. Hätte den Vorteil, dass der Geschwindigkeitseinbruch wegfällt und sogar die hier ursprünglich mal vorhandene Anbindung von Vordorf ohne Schlenker möglich wäre.
Ist eingearbeitet.
Tatsächlich ist die Bedeutung der Strecke als Einpendlerstrecke für Braunschweig in den letzten Jahrzehnten immer weiter gewachsen, insbesondere im Bereich bis Gifhorn (Stadt). Aber auch der überregionale Nutzen für die Relation Braunschweig – Hamburg lässt sich nicht leugnen: Ich bin mal sonntagsabends von Hamburg nach Braunschweig gefahren, der Zug war rappelvoll mit Studenten (Semesterticket sei Dank). Daher ist ein Ausbau grundsätzlich auf jeden Fall unterstützenswert, gerne auch etwas mehr als bisher offiziell angestrebt wird und mit Strippe. Einen durchgängig zweigleisigen Ausbau und Neutrassierungen sehe ich aber mittlerweile kritisch, für den (Fern- und) Güterverkehr halte ich im Abschnitt Gifhorn – Braunschweig die in meinem Vorschlag als Alternative gekennzeichnete Verbindungskurve zur Weddeler Schleife für realistischer, da damit der Güterverkehr nicht die zahlreichen Ortschaften entlang der Strecke belastet.
Ich betrachte den Vorschlag so als abgelehnt. Nach einiger Überlegung bin ich auch zu dem Schluss gekommen, dass für Schienenfern und -güterverkehr die Nutzung der Weddeler Schleife mit einer Westspange sinnvoller ist. Anders sieht die Sinnhaftigkeit eines Ausbaus mit der Trasse Gifhorn – Uelzen aus.