Beschreibung des Vorschlags
Die Strecke von Lindau nach München soll bis in einem halben Jahr elektrifiziert und für Neigetechnik ertüchtigt werden. Allerdings erscheint mir dieser Ausbau ein wenig halbherzig, weil der Abschnitt von Hergatz bis Buchloe eingleisig bleibt und es südlich von Memmingen mehrere Geschwindigkeitseinbrüche gibt. Auch die Lage des neuen Fernbahnhofs in Lindau halte ich für ein wenig unglücklich gewählt, weil Reutin nicht direkt an der Allgäubahn und der Bodenseegürtelbahn liegt. Aeschach läge hingegen an beiden Strecken und bräuchte nur noch entsprechend lange Bahnsteige sowie ein zweites Bahnsteiggleis an der Bodenseegürtelbahn.
Deshalb würde ich zunächst einmal Aeschach zum neuen Fernbahnhof machen. Außerdem für relativ unmittelbar notwendig halte ich drei Begegnungsabschnitte im Allgäu, um eine vernünftige Betriebsstabilität bei einer vernünftigen Taktdichte zu ermöglichen.
Alternativen
Noch bevor ich diesen Entwurf genauer beschreibe, möchte ich allerdings auf die Alternativen eingehen. Denn es gab bereits unterschiedlichste Vorschläge mit verschiedensten Linienführungen für die Relation München-Zürich. Dabei steht es auch durchaus zur Debatte, ob überhaupt langfristig über Lindau und Memmingen gefahren werden soll.
So gibt es zum Beispiel bereits einige Vorschläge für eine Linienführung über Kempten:
- https://extern.linieplus.de/proposal/bregenzer-wald-tunnel-variante/
- https://extern.linieplus.de/proposal/beschleunigung-der-allgaeubahn/
- https://extern.linieplus.de/proposal/bregenzerwald-nbs/
Diese haben allerdings alle ähnliche Nachteile. Hier wäre nämlich die Realisierung in Etappen relativ schwierig, weil gleich am Anfang sehr viel investiert werden müsste, um überhaupt schneller zu sein als über Memmingen. Denn zusätzlich zur Elektrifizierung müsste man noch mindestens eine Viertelstunde durch Neutrassierungen herausholen.
Deshalb sehe ich bei jeder denkbaren Variante über Kempten das Problem, dass der Nutzen in keinem vernünftigen Verhältnis zu den Kosten steht. Die Mehrkosten einer entsprechenden Trassierung lägen nämlich schnell einmal bei einer Milliarde. Und dabei wäre noch nicht einmal zwangsläufig eine Güterzugtauglichkeit gegeben.
Unabhängig von einer Linienführung über Kempten wurden auch schon eine Umfahrung für Lindau und ein Bodensee Tunnel vorgeschlagen. Diese Varianten haben allerdings beide den Nachteil, dass sich die Anbindung für die Bodenseeregion verschlechtern würde. Gerade beim Bodensee Tunnel sehe ich außerdem noch das Problem, dass dieser nicht güterzugtauglich und unverhältnismäßig teuer wäre.
Vor allem aufgrund der geringeren Baukosten und der besseren Möglichkeit zur Etappierung würde ich also einer Variante über Lindau und Memmingen den Vorzug geben. Dabei halte ich eine bestandsorientierte Trassierung für vernünftiger als eine NBS an der A96. Denn diese ist für den Regionalverkehr nutzbar, kostet weniger bei einer vergleichbaren Fahrzeitverkürzung und lässt sich besser in Etappen realisieren.
Ausbauschritte der ABS Lindau-München
Zunächst einmal geht es darum, Begegnungsabschnitte zu schaffen, um einen stabilen Stundentakt Bregenz-München zu ermöglichen. Ganz konkret wären das der Abschnitt vom Knoten Kißlegg Süd bis Leutkirch, der Abschnitt Memmingen-Stetten und der Abschnitt Rammingen-Buchloe. Außerdem ist als Begleitmaßnahme eine Elektrifizierung der Strecken Oberstdorf-Memmingen und Buchloe-Augsburg vorgesehen.
Durch die oben genannten Maßnahmen würde im Fernverkehr ein stabiler Stundentakt ermöglicht. Im Regionalverkehr wären dann zwischen Buchloe und Hergatz bis zu zwei RB-Trassen pro Stunde möglich und zwischen Buchloe und Memmingen noch eine weitere, zweistündliche FV-Trasse. Diese ist für eine ICE-Linie von Hamburg nach Kempten gedacht, welche aus der heutigen VDE8-Linie über Augsburg hervorgeht.
Als zusätzlicher Vorteil entstünde eine Zeitersparnis von insgesamt ungefähr fünf Minuten. Dadurch könnte man Bregenz-München in unter zwei Stunden schaffen, wenn man den Halt in Buchloe auslässt.
Was bei der ersten Etappe allerdings fehlt, sind stündliche Güterzugtrassen. Denn Güterzüge sind hier nur in RB- oder FV- Taktlücken möglich.
Das würde durch den zweigleisigen Ausbau zwischen dem Knoten Altmannshofen und Memmingen behoben. Dieser bringt dann außerdem noch eine zusätzliche Zeitersparnis von in etwa fünf Minuten.
Als letztes wären dann nur mehr die eingleisigen Abschnitte Hergatz-Kißlegg Süd, Leutkirch-Altmannshofen und Stetten-Türkheim auszubauen. Außerdem müsste allerspätestens dann auch eine Überholmöglichkeit vor München geschaffen werden (gerne auch vorher) und eine Verbindungsstrecke zum Münchner Nordring wäre erstrebenswert.
Ebenfalls sinnvoll wäre im Rahmen der dritten Etappe eine weitere Fahrzeitverkürzung. Diese würde durch die Umfahrung Leutkirch und die Ertüchtigung weiter Teile des Abschnitts Buchloe-München für 230 km/h ermöglicht. So könnte man es dann in unter eineinhalb Stunden von der Vorarlberger in die bayrische Landeshauptstadt schaffen.
Bedienkonzept
Der Übersichtlichkeit halber sind hier noch einmal alle Fernverkehrslinien aufgelistet, die vom Ausbau profitieren würden:
- EC Zürich -….- Bregenz – Lindau-Aeschach – Memmingen – München Hbf – (Berlin/Prag) (zweistündlich)
- RJX Budapest Keleti -….- München Hbf – Memmingen (erst ab 2. Etappe) – Lindau-Aeschach – Bregenz – Dornbirn – Feldkirch – Sargans – Landquart – Chur (zweistündlich, saisonal mit Zugteil Richtung Montafon/Arlberg)
- ICE Hamburg Altona Nord -….- Berlin Hbf -….- Leipzig Hbf -….- Augsburg Hbf – Buchloe – Skyline Park (ab 3. Etappe) – Memmingen – Kempten Hbf – Immenstadt – Sonthofen – Oberstdorf (zweistündlich bis Kempten, nur saisonal bis Oberstdorf)
- IC/IRE Würzburg -….- Stuttgart Hbf -….- Ulm Hbf – Memmingen – Kempten Hbf – Immenstadt – Sonthofen – Fischen – Oberstdorf (zweistündlich)
Für die nationalen FV-Linien ist südlich von Augsburg bzw. Ulm eine Nahverkehrsfreigabe vorgesehen.
Im Regionalverkehr sollen folgende Linien verkehren:
- RB Lindau Hbf – Lindau-Aeschach – Hergatz – alle Stationen – Kaufering – Geltendorf – München-Pasing – München Hbf (halbstündlich)
- RE Lindau Hbf – Lindau-Aeschach – Wangen – Kißlegg – Leutkirch – Memmingen – Skyline Park – Buchloe – Kaufering – Geltendorf – München-Pasing – München Hbf (ab 3. Etappe stündlich, vorher nur in Einzellagen)
- RE Bad Wörishofen – Bad Wörishofen Therme – Skyline Park – Türkheim – Buchloe – Bobingen – Augsburg (zweistündlich, vor 3. Etappe mit alter Linienführung)
- RB Bad Wörishofen – Bad Wörishofen Therme – Skyline Park – Türkheim – Türkheim Stadt – Ettringen (halbstündlich, vor 3. Etappe mit alter Linienführung, Reaktivierung nach Ettringen optional)
Erstmal: Ein gut ausgearbeiteter Vorschlag, der auf jeden Fall realistischer ist als die bisherigen. Dennoch eher langfristig zu betrachten, man baut ja gerade schon aus, also erstmal sehen wie es sich damit entwickelt.
Der Bahnhof „Skyline-Park“ fehlt in der Zeichnung, auf den würde ich aber generell verzichten und stattdessen eine Einschleifung des bestehenden Bahnhofs in Türkheim (Anschlüsse) oder einen Turmbahnhof an der Strecke nach Bad Wörishofen empfehlen (Eigene Empfindung: Bad Wörishofen ist ein Kurort den man sogar in Norddeutschland kennt, vom Skylinepark habe ich bis gerade aber noch nie etwas gehört).
Für den „Bodenseeabstiegstunnel“ von Lindau nach Weißenberg sehe ich auf Grund der offensichtlichen Güterzuguntauglichkeit ein paar Probleme in der Finanzierung. Im Zweifel müsste man den wohl weglassen, oder im Stile des Semmering-Basistunnel verlängern um Güterzugtauglichkeit und durchgehend hohe Geschwindigkeiten zu erzielen.
Wie sähe das ganze denn bezüglich Fahr- und Kantenzeiten aus?
Zunächst einmal danke für das Lob.
Den Bahnhof beim Skyline Park werde ich noch einzeichnen. Denn grundsätzlich glaube ich schon, dass dieser mehr Fahrgastpotential hat als Bad Wörishofen – auch wenn die meisten vielleicht eher aus Bayern anreisen und nicht aus Norddeutschland.
Die jährliche Besucherzahl des Skyline Parks liegt nämlich immerhin bei mehr als 400.000 im Jahr. Nach Bad Wörishofen fahren wahrscheinlich nicht ganz so viele Touristen. Allerdings könnte man hier vielleicht beide Nebenbahnen reaktivieren und zum Skyline Park führen. Dadurch bestünde der Anschluss nach Bad Wörishofen auch ohne Halt in Türkheim.
,,Für den „Bodenseeabstiegstunnel“ von Lindau nach Weißenberg sehe ich auf Grund der offensichtlichen Güterzuguntauglichkeit ein paar Probleme in der Finanzierung.“
Das sehe ich ähnlich. Allerdings ist der Tunnel eher optional. Denn Memmingen-Lindau geht sich auch ohne den Tunnel in unter 30 Minuten aus. Den habe ich nur im Hinblick auf eine mögliche Verlegung des Knotens in Bregenz eingezeichnet. Ob diese notwendig wird, hängt davon ab, wie viel Platz für zusätzliche Bahnsteige beim Neubau des Bregenzer Bahnhofs gelassen wird. Gegebenenfalls würde ich den Güterverkehr aber auf der Bestandsstrecke lassen und den Tunnel etwas steiler trassieren.
,,Wie sähe das ganze denn bezüglich Fahr- und Kantenzeiten aus?“
Nach der ersten Etappe lägen die Fahrzeiten Bregenz-Memmingen und Memmingen-München jeweils bei knapp unter einer Stunde. Dadurch entstünde in Memmingen ein ITF-Knoten. Durch die zweite Etappe ändert sich praktisch nichts an der Fahrzeit, aber der RJX-Halt in Memmingen würde möglich und nach der dritten Etappe würde Bregenz-Memmingen und Memmingen-München jeweils knapp unter 45 Minuten dauern.
Allerdings könnte man hier vielleicht beide Nebenbahnen reaktivieren
Die nach Bad Wörishofen muss man nicht reaktivieren, die steht laut Wikipedia in vollem Saft, auch wenn das auf der Karte hier falsch dargestellt wird.
und zum Skyline Park führen. Dadurch bestünde der Anschluss nach Bad Wörishofen auch ohne Halt in Türkheim.
Damit würde man wiederum Regionale Reiseketten durchbrechen, was ich für fatal hielte.
—
Gegebenenfalls würde ich den Güterverkehr aber auf der Bestandsstrecke lassen und den Tunnel etwas steiler trassieren.
Genau deswegen meinte ich ja, dass ich hier Finanzierungsprobleme sehe. Selbst auf großen Hauptachsen braucht man teilweise fiktiven Güterverkehr zum Schönrechnen von Neubautrassen, ohne wird man hier einfach nicht hinkommen fürchte ich.
Ich bin ja grundsätzlich eher skeptisch, was solche Ausbauten mit teilweiser Neutrassierung angeht, auch wenn ich selbst durchaus den ein oder anderen Vorschlag in die Richtung gemacht habe. Ein relativ großes Problem sind die erheblichen Einschränkungen im Betrieb, die ein solcher Umbau mit sich brächte, vermutlich müsste die Strecke für jede Ausbauetappe mindestens ebenso lange gesperrt werden, wie jetzt für die gesamte Elektrifizierung, insgesamt also über etliche Jahre. Es ist ja nicht nur der Umbau der Strecke, sondern auch die Anpassung der Stellwerkstechnik etc. Nichtsdestotrotz wahrscheinlich ein wenig realistischer als die vorgeschlagenen Großprojekte durch den Bregenzer Wald.
Ein paar Punkte interessieren mich aber noch: Sollen die NBS-Abschnitte ein- oder zweigleisig sein? Wie stellst du dir die Abzweige zu den Bestandsstrecken vor, höhengleich oder höhengleich? Und wie groß wird die Steigung bei Lindau?
Ein relativ großes Problem sind die erheblichen Einschränkungen im Betrieb, die ein solcher Umbau mit sich brächte, vermutlich müsste die Strecke für jede Ausbauetappe mindestens ebenso lange gesperrt werden, wie jetzt für die gesamte Elektrifizierung, insgesamt also über etliche Jahre.
Das ist richtig. Vergleiche dazu: Ausbau Lübeck-Puttgarden, Vollsperrung für 5 (!) Jahre. Den FV könnte man dank Südbahn-Elektrifizierung vielleicht noch via Augsburg-Ulm-Friedrichshafen umleiten, im Regionalverkehr wird man mit mehreren Jahren SEV aber eine starke Fahrgastabwanderung zum MIV haben, wobei fraglich ist, ob da alle nach Wiedereröffnung zurück auf die Schiene kommen. Gerade im Zulauf nach München (S-Bahn) sehe ich das als großes Problem an.
Abgesehen davon ist mir auch kein Beispiel bekannt, wo man einen solchen „Etappenweisen Ausbau“ umgesetzt hätte. Es wird eigentlich immer am Stück gemacht.
höhengleich oder höhengleich?
höhengleich oder höhenfrei 😉
–
Und wie groß wird die Steigung bei Lindau?
Den Punkt hatte ich auch schon angesprochen, sehe aber gerade: Bevor der Tunnel in den Anstieg geht, muss er ja erstmal entgegengesetzt nach unten, um Gebäude und ein Gewässer zu unterqueren, und könnte erst ab der Unterquerung der Oberreitnauer Straße wirklich in den Anstieg übergehen. Man wird hier mit großer Sicherheit auf mehr als 4% kommen, der Tunnel wäre damit nicht nur GüV-untauglich, sondern auch für den PV nur sehr eingeschränkt nutzbar.
@ Vincent van Bardorp
Durch die zeitgleiche Errichtung aller Abzweige wäre die Strecke zumindest nur einmal gesperrt. Wie lange das dauern würde, kann ich aber nicht wirklich einschätzen.
,,Man wird hier mit großer Sicherheit auf mehr als 4% kommen“
Laut Google Earth hat man nach der Oberreithnauer Straße noch ca. 90 Höhenmeter auf 3,5 Kilometern zu überwinden. Das macht eine Steigung von ungefähr 2,6%. Also rein technisch gesehen wäre so ein Tunnel möglich. Aber aufgrund der Wirtschaftlichkeit betrachte ich den als sehr optional.
@Intertrain
Ich würde bei der 1. Etappe bereits sämtliche Verknüpfungen zur Bestandsstrecke zeitgleich als Bauvorleistung errichten. Dadurch müsste man die Strecke nur einmal sperren.
,,Ein paar Punkte interessieren mich aber noch: Sollen die NBS-Abschnitte ein- oder zweigleisig sein? Wie stellst du dir die Abzweige zu den Bestandsstrecken vor, höhengleich oder höhengleich? Und wie groß wird die Steigung bei Lindau?“
Die Neubauabschnitte sollen zweigleisig sein. Bei den Abzweigen kommt es drauf an, ob dort nur die RB im Halbstundentakt abzweigt oder noch weitere Züge. Deshalb würde ich die Abzweige bei Fürstenfeldbruck, Eichenau und Memmingen höhenfrei ausführen und die anderen höhengleich.