Bericht von der Zukunft Nahverkehr 2023

Wie stellt ihr euch die Mobilität der Zukunft vor?

Unter dem Motto „Mobility is a human ride“ fand vom 5. bis 9. September 2023 die allererste „Zukunft Nahverkehr“, eine Mischung aus Messe und Kongress mit selbsterklärendem Namen, in Berlin statt. Am Donnerstag bin ich (Thorben aus dem Linie-Plus-Team) auf Einladung des Wirtschaftsmagazins brand eins auf die #ZNV23 gefahren. Es ist die erste Einladung dieser Art, die wir als Linie Plus bekommen haben! Die Veranstaltung wurde von DB Regio organsiert und finanziert, und es wurde wirklich an nichts gespart. Alleine schon wegen der tollen Verpflegung hätte es sich gelohnt, mehrere Tage zu bleiben.

Schon die Anreise begann gut, denn ich fuhr zum ersten Mal mit einem Doppeldeckerbus und dann waren auch noch Plätze oben ganz vorn frei. Dort sieht man am besten, wer alles so die Busspur zuparkt.

Nach der Ankunft auf dem Veranstaltungsgelände wurde ich von jeder Menge Personal begrüßt, welches mich zur Anmeldung leitete. Von dort gelangt man direkt in die sogenannte „Inszenierung“ – diese soll ein Bild einer Vision vermitteln, wie öffentlicher Personennahverkehr irgendwann einmal aussehen und ablaufen könnte. Das war schon echt gut gemacht, eigentlich zu schade, dass es nur so eine kurze Ausstellung war. Besonders positiv: Es gab einen QR-Code zu allen für die Ausstellung verwendeten Quellen. Ein paar Eindrücke in Bild und Ton gibt es in meiner Instagram-Story.

Von der Inszenierung gelangte man direkt auf den „Marktplatz“. Dort stellten verschiedene Abteilungen aus dem DB-Konzern und darüber hinaus ihre Beiträge zum Nahverkehr der Zukunft vor. So stellte etwa DB SEV das Konzept des Schienenersatzverkehrs während der Riedbahn-Sanierung 2024 vor: Neben komplett neuer Inneneinrichtung für die Busse und Fahrgastinformation wie im Zug stachen besonders der eingebaute Kaffeeautomat und passend dazu die eingebaute Toilette hervor. An jedem Stand waren viele Menschen von den jeweiligen Bereichen vertreten, sodass es mehr als leicht fiel, ins Gespräch zu kommen.

So wurden mir nicht nur der SEV-Bus erklärt, ich konnte auch mit einem wichtigen Menschen bei DB Regio Bus Diskussionen führen, was im Busverkehr so alles schiefläuft und wo die Probleme von On-Demand-Shuttles liegen und warum viele Pilotprojekte (bspw. der Berlkönig) wieder so schnell verschwinden (Zitat sinngemäß: „Mensch, wir haben 100 Jahre lang quasi immer dasselbe gemacht, nämlich eine Linie nach einem Fahrplan zu fahren, nun gebt uns doch mal etwas Zeit, was neues auf die Beine zu stellen!“). Mit einem Programmentwickler von DB Personenverkehr habe ich über die Schwierigkeiten bei der automatischen Fahrgastinformation gesprochen, unter anderem auch über die ewige Frage, ob die Haltestellen von oben nach unten oder von unten nach oben dargestellt werden sollten; ich habe auch gelernt, wie kompliziert es eigentlich ist, GPS-Empfänger in Zügen zu nutzen oder überhaupt unterzubringen, um bessere Prognosen zu bekommen, wie kompliziert die Vorgaben der vielen Aufgabenträger einheitliche Designs machen und dass moderne Fahrgastinfo-Systeme auch manchmal einfach an den Rechnerkapazitäten scheitern, selbst wenn die Züge erst wenige Jahre alt sind. Und von einem Rollstuhlfahrer habe ich gelernt, dass ihm die schönste Fahrgastinfo im Bus nichts bringt, da er immer mit dem Rücken zur Fahrtrichtung sitzt.

Außerdem habe ich das meiner Meinung nach wirklich geniale DB RadFix (von Station&Service) kennengelernt, hab das SmartCity-Konzept verstanden und habe Feedback zum neuen DB-Navigator hinterlassen. Ausgestellt waren natürlich auch der IdeenZugCity sowie mehrere autonom oder nicht autonomfahrende On-Demand-Shuttles, bpsw. die im Raum Hof zum Einsatz kommenden Systeme. Weiterhin vertreten waren u.a. Kiel-Sitze, Siemens und Alstom. Ein kleines, aber feines Highlight war auch eine vollautomatische Kaffeemaschine, bei der man von einem Roboter bedient wurde.

Aber das habe ich mir alles erst am Nachmittag angeschaut, denn am Vormittag hatte ich einen Termin, den eigentlichen Grund für mein Kommen. Der Grund, warum ich nicht nur als Teilnehmer, sondern sogar als Speaker geladen war! Rund um die Ausstellung und die Messe fanden nämlich auf satten vier Bühnen parallel Veranstaltungen, meist um die 45 Minuten lang, statt, in der Regel Podiumsdiskussionen. Insgesamt 150 solcher Bühnenveranstaltungen, bis hin zu einem Clueso-Konzert, fanden statt. Und auf einer solcher Veranstaltungen war ich auch geladen! Brand eins präsentierte das Panel #56 mit dem Titel „Was unsere Fahrgäste wirklich wollen“ (auf YouTube könnt ihr es nachschauen). Zwischen Dorette, die an einem stilllegungsbedrohten Halt im Wendland wohnt, und Tobias aus Berlin, der kürzlich sein Auto abgeschafft hat, durfte ich also Platz nehmen und von Linie Plus erzählen, aber auch meine eigene Meinung auspacken. Dabei habe ich natürlich auch versucht, die von euch im Forum eingereichten Anregungen einzubauen. Alles in allem würde ich es als gelungene Veranstaltung bezeichnen – insbesondere möchte ich hervorheben, dass hier nicht, wie wir es in Deutschland oft machen, problemorientiert diskutiert wurde, sondern lösungsorientiert. Wenn doch bloß auch jede Talkshow im Fernsehen so laufen würde …

Was meint ihr, geben wir Fahrgäste uns zu schnell zufrieden, wie der Moderator Peter es formulierte, oder kann attraktiver Nahverkehr vielleicht wirklich so einfach sein? Schreibt es gern hier oder auf YouTube in die Kommentare.

Am Nachmittag besuchte ich dann auch noch drei andere Veranstaltungen, bevor ich die Rückreise antrat, unter anderem eine Diskussion mehrerer Bundestagsabgeordneter zum Thema Bus.

Schaut euch am Besten Mal auf dem YouTube-Kanal @ZukunftNahverkehr um, dort gibt es viele der Veranstaltungen zum Nachschauen, da ist garantiert auch etwas für euch dabei.

Was mir persönlich noch etwas fehlte, sind starke Signale nach außen, vor allem in die Politik und Verwaltung. Abgesehen davon muss ich sagen, dass es alles in allem ein rundum gelungener und erfolgreicher Kongress war, welcher die Branche sicher ein Stück näher zusammengebracht hat. Bei einem möglichen nächsten Mal werde ich versuchen, auch wieder dabei zu sein.

Im Folgenden noch ein paar Bilder von den Veranstaltern (Copyright: DB AG/David Hecker).