Beschreibung des Vorschlags
Regionalbahn-Konzept Werratalbahn ESA/HEF-Heimboldshausen-Bad Salzungen
Alle Kommunen im Werratal und beide Landkreise in Thüringen und Hessen setzen sich mittlerweile für eine Reaktivierung des SPNV auf der Werratalbahn ein. Der VDV hat eine Reaktivierung ebenfalls positiv bewertet und 2020 neu aufgenommen. Die Bahn gab im März 2021 bekannt, dass Gerstungen-Heimboldshausen elektrifiziert wird. K+S hat zudem die Strecke Unterbreizbach-Vacha reaktiviert, fährt nun auch Güterzüge in Richtung Bad Salzungen, da die Stecke nach Heimboldshausen phasenweise bereits ausgelastet ist. Zudem führt der Verbindungskorridor Fulda-Gerstungen der Schnellfahrstrecke direkt durch den Bhf. Bad Hersfeld. (siehe ungefähre Skizze).
Das alles schreit nach einem Gesamtkonzept mit Neuorganisation des SPNV im Werratal mit gewaltigen Chancen – insbesondere auch im Zuge des vorgesehenem Lückenschluss Eisfeld-Coburg. K+S hat hier bereits eine Elektrifizierung der gesamten Werrabahn als Südanbindung im Sinn. Wenn jemand so etwas forcieren kann, dann nur ein solch mächtiger Güterkunde.
Bei LiniePlus wurde insbesondere HIER über die Reaktivierung der Werratalbahn diskutiert. Tenor der Kritik war, das kein Oberzentrum als Endziel gegeben ist, weshalb es an der Attraktivität hapert. Richard Vogler hat in dieser Diskussion auf die Verkehrsströme der Region hingewiesen, die ich nachfolgend präzisiert habe.
Warum ist ein Regionalbahn-Konzept WERRATALBAHN Eisenach/Bad Hersfeld-Heimboldshausen-Bad Salzungen im Zuge einer Verkehrswende sinnvoll:
Einwohnerstruktur: Das Werratal von Gerstungen bis Bad Salzungen hat ca. 60.000 Einwohner. Im Gesamtgebiet zwischen Eisenach und Bad Hersfeld leben in beiden Landkreisen zusammen 280.000 Menschen, von denen ca. 200.000 von diesem Bahnkonzept profitieren würden.
Bis 1945 war Eisenach (heute 42.000 Ew) für diese Region das Oberzentrum. Heringen, Philippsthal und Wildeck (zusammen 16.000 Ew.) gehören zu Hessen und hatten bis zur Wende dann zwangsweise eine Orientierung nach Bad Hersfeld (30.000Ew.). Alle Thüringer Orte sind historisch auf Eisenach fixiert. Nach der Wende orientierte sich auch erst einmal Thüringen nach Bad Hersfeld. Seit ca. 10 Jahren dreht es sich allmählich wieder – und auch Heringen und Wildeck schielen zumindest einkaufstechnisch wieder nach Eisenach. Der Landkreis Hersfeld-Rotenburg ist nach Kassel der zweitstärkste Wirtschaftsraum in Nordhessen. Zu berücksichtigen ist auch, dass die Kaliwerke in Heringen und Hattorf viele Arbeiter aus der erweiterten Umgebung anziehen, denen bislang ein Zugangebot fehlt.
Meine Idee besteht aus zwei Teilen:
1. Effiziente rasche Reaktivierung der Werratalbahn Gerstungen-Vacha-Bad Salzungen
2. SPNV-Gesamtkonzept Werratalbahn ESA/HEF-Heimboldshausen-SLZ
2a. Verlegung der RB6 Linie von Eisenach über Heimboldshausen nach Bad Hersfeld (statt Bebra) mittels Reaktivierung der Hersfelder Kreisbahn.
2b. Ausbau zur Y-Variante ESA-HEF-SLZ plus geteiltem Ringkonzept mit ESA und Heimboldshausen als Pole.
Für den zweiten Teil, die Y-Variante sind erhebliche Investitionen nötig, die nur im Rahmen eines Gesamtkonzeptes (Anbindung der Strecke Halle-Bebra an die Nord-Süd Schnellstrecke, Elektrifizierung der Werratalbahn ab Gerstungen und Lückenschluss Coburg) zu erwarten sind.
Dem kann/wird jedoch zunächst eine einfache Reaktivierung vorausgehen:
1. Erster Schritt der Reaktivierung:
Als ersten Schritt geht es darum, die Werratalbahn möglichst kostengünstig überhaupt wieder fur den SPNV herzurichten mit dem Ziel ESA als Ringkonzept. Hierbei wird in Bad Salzungen oder Gerstungen umgestiegen nach Eisenach. Vacha ist hier zunächst der Mittelpunkt. Takt und Anschlüsse drehen sich um den ICE-Halt in ESA, auf die auch die RB6 Bebra-ESA und die RB41 Eisfeld-SLZ-ESA ausgerichtet sind.
Die Fahrgeschwindigkeiten für den SPNV sind zunächst mit Tempo 80km/h kalkuliert.
Eine Reaktivierung mit „einfachen Mitteln“ stellt den Fahrbetrieb vor ein Dilemma, da mangels ausreichender Geschwindigkeit fahrzeit-technische Prioritäten gesetzt werden müssen. Man kann einen Fahrplan nach drei Kriterien ausrichten:
Kriterium A: Schnelle Verbindung für alle Orte links und rechts von Vacha nach Eisenach. Vacha bildet den Mittelpunkt (und die Ost-Westgrenze passt). Ab Philippstal fährt man schneller über Gerstungen.
Durch den zeitversetzten Takt in ESA bedingt eine solche Ausrichtung das Problem, dass die Züge auf der Strecke Bad Salzungen-Gerstungen in Vacha sehr lange stehen (20 Min. Richtung Gerstungen; 37 Min. Richtung SLZ), um mit kurzen Umstiegszeiten (5 Min.) in Bad Salzungen und Gerstungen anzukommen zur Weiterfahrt nach ESA. NACHTEIL der Variante A ist, dass ein durchgehender lokaler Betrieb zwischen Bad Salzungen und Gerstungen nicht wirklich gegeben ist, wegen der langen Fahrzeit durch die Warterei in Vacha. VORTEIL: Die langen Standzeiten in Vacha ermöglichen genügend Zeit für eine Ost-West Passkontrolle 😉
Fahrzeiten Kriterium A: von Vacha mit U in Gerstungen nach ESA/Bebra 67 Min. (RB6 begegnet sich meist in Gerstungen) – Fahrzeit Vacha-SLZ-ESA 61 Min. Die U-Zeit von Vacha in SLZ für Anschluss nach Meiningen beträgt 35 Min.
Reine Fahrdauer der eigentlichen Strecke im Werratal von SLZ nach Gerstungen (40,5km) beträgt bei Tempo 80km/h ca. 65 Min. inkl. 14 Hp. – wegen der Standzeit in Vacha jedoch 86 Min. – in umgekehrte Richtung von Gerstungen nach SLZ sogar 96 Min.. Das ist wenig attraktiv, weshalb sich nach nächste Ausrichtungskriterium anbietet.
Kriterium B: ungefähr gleiche Umsteigs/Wartezeiten: Für diesen Fall fahren die Züge nicht sofort nach der Umstiegszeit los – und sie kommen auch deutlich früher an den Umstiegsbahnhöfen an. Von Vacha nach Gerstungen würden es in drei gleiche Teile je 7 Min. aufgeteilt: von Gerstungen nach Vacha würde man 15 Min. später in Gerstungen losfahren, 7 Min. in Vacha stehen und 15 Min. früher in SLZ ankommen, um die 37 Min. zu verteilen. Dadurch verkürzt sich auch die U-Zeit nach Meiningen von 35 Min. auf 20 Min.
Fahrzeiten Kriterium B: Die Fahrzeit ab Vacha mit U in Gerstungen nach ESA/Bebra beträgt dann 73 Min. (RB6 begegnet sich meist in Gerstungen) – Fahrzeit Vacha-SLZ-ESA 74 Min. U-Zeit in SLZ nach Meiningen 20 Min. Die Fahrzeit von SLZ nach Gerstungen beträgt dann 73 Min.
Kriterium C: Man bedient den Fv-Takt in ESA nur in eine Richtung und zwar in Richtung Gerstungen. Dadurch kann die Werratalbahn in 65 Min. in beide Richtungen verkehren, hätte dann in SLZ guten Anschluss nach Meiningen, nicht jedoch nach ESA. Das Nachsehen Richtung ESA hätten dann fahrzeittechnisch die Orte Dorndorf, Merkers und Tiefenort nach Kriterium B – und und nach Krierium A hätten alle Orte zwischen Merkers einschließlich Vacha schlechteren Anschluss nach ESA, dafür aber guten Anschlus nach Meiningen. Für Leimbach könnte man einen Hp. auf der Strecke ESA-Eisfeld einrichten.
Welches Kriterium will man folglich anwenden? Dem Dilemma kann man nur entgehen, wenn man die Strecke geschwindigkeitsertüchtigt – und damit sind wir in der zukunftsträchtigen Vision angelangt:
2. SPNV-Gesamtkonzept Werratalbahn ESA/HEF-Heimboldshausen-SLZ
2a. Verlegung der RB6 Linie von Eisenach über Heimboldshausen nach Bad Hersfeld (statt Bebra) mittels Reaktivierung der Hersfelder Kreisbahn.
2b. Ausbau zur Y-Variante ESA-HEF-SLZ .
Vorab: Eine solches Konzept hätte nur Realisierungschancen, sofern die Bahn ihre angekündigten Projekte umsetzt, da für jene ein Regio-Konzept dann eine sinnvolle Ergänzung wäre, um die Magistrale Bebra-Halle von RB-Zügen zu befreien. Wenn die Strecke Gerstungen-Heimboldshausen elektrifiziert wird, dann kann man auch die Hersfelder Kleinbahn reaktivieren und elektrifizieren (Tempo 80/100km/h) und man lässt dann die RB6 nicht nach Bebra, sondern über Heimboldshausen nach Bad Hersfeld laufen. Das würde mehr Fahrgäste akquirieren und den Verkehrsströmen im Regionalverkehr besser gerecht werden.
Es ergäbe eine Y-Linie Bad Hersfeld-Eisenach-Bad Salzungen mit Heimboldshausen als Knoten.
Zu 2a.: Verlegung der RB6 Linie von Eisenach über Heimboldshausen nach Bad Hersfeld (statt Bebra) mittels Reaktivierung der Hersfelder Kreisbahn:
Diese Variante nimmt eine langsame RB von der Magistrale Bebra-ESA, was die DB-Netz sicherlich nicht schlecht finden täte. Bosserode (984Ew.), Hönebach (879Ew.) und Ronshausen (2.000Ew.; Entfernung zu Bebra 4,5km) rechtfertigen keinen Hp. an einer der meistbefahrenen Bahnstrecken in D. Wildeck-Obersuhl (2.900 Ew.) ist mit Gerstungen zusammengewachsen. Realistisch reicht da ein gemeinsamer Bahnhof. Die RB6 wird auf der Magistrale zudem beschleunigt, indem man auch die Hp. ESA-West, Hörschel (134 Ew.) aufgibt und am Opel-Werk nur zum Schichtwechsel hält. Auch Herleshausen (1200 Ew., Gemeinde 2.700 Ew.) sollte aufgegeben werden. Die anderen Ortsteile der Gemeinde liegen deutlich weiter als 1,5km vom Bahnhof entfernt. An anderen Magistralen haben solch kleinen Orte schon seit Jahrzehnten keinen Hp. mehr. Damit gäbe es zwischen ESA und Bebra nur noch einen Unterwegshalt Gerstungen, was den Durchlass der Strecke erhöht!
Die Fahrzeit ESA-HEF über Heimboldshausen betrüge für die RB6 ca. 57 Min (aktuell 56 Min mit U in Bebra). Die neue Linenführung erschließt das relevante Umland von HEF deutlich besser. In HEF besteht guter Anschluss an RB5 nach Fulda und RE5 nach Kassel. Auch der ICE-Halt in HEF wird so für das Umland schientechnisch besser angebunden.
Bebra wäre in diesem Konzept von ESA direkt nur noch über den IC nach Kassel (2 Std. Takt) zu erreichen. Es könnte jedoch in der anderen Stunde optional ein RE von Kassel über Bebra, ESA nach Coburg eingerichtet werden – der bis Bebra ggf. geflügelt wird mit dem RE5 Richtung Fulda. Ein solcher RE könnte auch in Obersuhl halten, wenn der Hp. nicht ganz aufgegeben werden soll.
Zu 2b.: Ausbau zur Y-Variante ESA-HEF-SLZ .
Mit der Verlegung der RB6 über Heimboldshausen und der damit verbundenen Geschwindigkeitsertüchtigung beträgt die Fahrzeit Heimbolshausen-Gerstungen-ESA nur noch 34 Min. Zudem wird eine RB Heimboldshausen-Vacha-SLZ-(Meiningen-Coburg) eingerichtet. In SLZ besteht dann U-Anschluss an einen potentiellen RE Coburg-ESA-(Kassel). Ein solcher Takt-Anschluss besteht nach meinen groben Berechnen jedoch nur dann, wenn die Strecke Vacha-SLZ auf Tempo 100 ertüchtigt wird.
Gerstungen-Heimboldshausen wurde als Hauptbahn gebaut und ist zweigleisig vorbereitet. Lt. Medienberichten ist sie eingleisig bereits jetzt im Güterverkehr stark ausgelastet und hätte Schwierigkeiten, zusätzlichen SPNV aufzunehmen, weshalb sie nicht nur elektrifiziert, sondern sogar zweigleisig ausgebaut werden müsste. Die Streckenabschnitte wären daher wie folgt zu ertüchtigen:
Abschnitte des Regionalbahnkonzeptes:
Abschnitt ESA-Gerstungen 24km, Tempo 120km/h; Fahrzeit 14 Min. ohne Zwischenhalt (außer Opel zum Schichtwechsel), keine Maßnahmen erforderlich
Abschnitt Gerstungen-Heimboldshausen 18,3km, Tempo 100km/h; Fahrzeit 20 Min. mit 6 Hp. Maßnahmen: neue Bahnsteige und zweigleisiger Ausbau/Elektrifizierung.
Abschnitt Heimboldshausen-Bad Hersfeld 26km, Tempo 80/100km/h; Fahrzeit 23 Min. mit 3 Hp. Maßnahmen: eingleisiger vollständiger Neuaufbau mit 2 Kreuzungsbahnhöfen. Die Alternative eines Kreuzungskorridors ist nicht sinnvoll, da alle größeren Straßen mit Über/Unterführungen versehen sind passend für ein Gleis – als Relikt aus den Zeiten, wo lange Güterzüge über die Kreisbahn abtransportiert wurden. Dadurch wird es jedoch möglich, die Strecke überwiegend mit Tempo 100km/h auszubauen.
Abschnitt Heimboldshausen-Vacha 5,9km, Tempo 100km/h; Fahrzeit 8 Min. mit 3 Hp. Maßnahmen: vollständiger Neubau ab Werk Hattorf.
Abschnitt Vacha-Bad Salzungen 16,3km, Tempo 80/100km/h; Fahrzeit 17 Min. mit 5 Hp. Maßnahmen: Neue Gleise, Signalanlagen, Bahnübergänge, Bahnsteige. Kreuzungskorridor zwischen SLZ und Leimbach auf der Vacha Strecke einrichten (kann bei Verspätungen gebraucht werden).
+3 Min. Kopfmachen/ bzw. abkuppeln bei Flügelung in Bad Salzungen.
Abschnitt Bad Salzungen-ESA 26,7km, Tempo 100km/h; Fahrzeit 20 Min. mit 3 Hp. Maßnahmen: ggf. zweigleisiger Ausbau, mind. jedoch Kreuzungskorridor zwischen Marksuhl und Oberrohn, damit der Zug für Fahrgäste aus Bad Salzungen in Heimboldshausen Anschluss nach HEF/Gerstungen hat. Die Fahrzeit ESA-SLZ nach Heimboldshausen darf nicht mehr als 50 Min. dauern, sonst sind die Anschlüsse in Heimboldshausen nicht möglich. Hierfür sind erhebliche Streckenertüchtigungen erforderlich, auf die nur dann Aussicht besteht, wenn die DB-Netz alle Strecken bis Coburg ausbaut und elektrifiziert.
Zugangebot/Zuglauf:
neue RB6: Eisenach-(Opelwerk)-Gerstungen-Berka-Dankershausen-Widdershausen-Heringen-Heimboldshausen-Ransbach-Schenklensfeld-Sorga-Bad Hersfeld-(Fulda)
RB: Heimboldshausen-Werk Hattorf-Philippsthal-Vacha-Dorndorf-Merkers-Leimbach-Bad Salzungen-(Eisenach/Meiningen)
Fazit: Ein Schnellfahr-Korridor von ESA zur Nord-Süd-Schnellfahrstrecke über HEF wird den Eisenbahnverkehr im Dreieck Kassel-Fulda-Eisenach komplett verwandeln. Mit dem Schnellfahrkorridor drehen sich Takt und Anschlüsse dann mutmaßlich um ESA und seinen ICE-Halt. Im Fv bekommt ESA mit dem Lückenschluss in Coburg weiteren Auftrieb. In meiner Variante wird dann auch HEF sowohl ICE Fv-Halt und Umstiegsbahnhof im Nahverkehr nach Fulda, Kassel und Göttingen, was seiner Rolle als Mittelzentrum auch verkehrstechnisch gerecht wird. Die Bedeutung von Bebra im SPNV hingegen wird dann komplett degradiert. Als Güterknoten wird Bebras Bedeutung jedoch sicherlich wieder wachsen.
Ein Regionalbahn-Konzept WERRATALBAHN – ESA/HEF-Heimboldshausen-SLZ – wird der künftigen Entwicklung im Schienenverkehr gerecht.
Sehr gut durchdachter Vorschlag, vor allem mit den möglichen Szenarien eines Initial-Betriebs. Gefällt mir!