Beschreibung des Vorschlags
Die Bahnstrecke Cölbe-Kreuztal verbindet das Siegerland mit Mittelhessen, eine durchgehende Verbindung zwischen Marburg und Siegen besteht jedoch nur nur am Wochenende mit jeweils einem Zugpaar. Der Grund hierfür ist zum Einen die Topographie, welche vor allem zwischen Kreuztal und Bad Laasphe einen sehr kurvenreichen und damit langsamen Streckenverlauf bedingt. Hinzukommen zahlreiche ungesicherte Übergänge, welche die Züge weiter verlangsamen.
Dennoch, oder gerade deswegen, bestehen seit geraumer Zeit Bestrebungen seitens der Anrainer, diese Strecke auszubauen und für den Berufsverkehr besser nutzbar zu machen. Der RMV strebt für den hessischen Teil mehrere neue Haltepunkte und perspektivisch eine generell stündliche Bedienung zwischen Marburg und Erndtebrück an. Ohne umfangreiche bauliche Maßnahmen sowie eine Anhebung der Geschwindigkeit von derzeit 80 Km/h wird dies jedoch kaum darzustellen sein.
Die genannten, unbeschrankten Übergänge verhindern vor allem zwischen Biedenkopf und Cölbe eine höhere Geschwindigkeit, was dazu führt, dass trotz relativ geradem Verlauf und ohne nennenswerte Steigungen der Zug im Vergleich zur parallel verlaufenden B62 bestenfalls die gleiche Reisezeit erreicht, meist aber langsamer ist – aber bei konsequentem Ausbau das Potential zu einer erheblichen Verkürzung der Fahrtzeit besteht. Zusätzlich existieren Pläne, die Industriebetriebe bei Breidenbach mittels eines sogenannten Railports an das Schienennetz anzubinden und so den Schwerlastverkehr in der Region entscheidend zu reduzieren.
Speziell die Stadt Marburg strebt zudem eine schrittweise Reduktion des MIV im Stadtgebiet an, was die Verbesserung der Erreichbarkeit aus dem Lahntal mit voraussetzt.
Aus dieser Gemengelage erklärt sich der Vorschlag, die Bahnstrecke Kreuztal – Cölbe grundlegend auszubauen. Folgende Maßnahmen sind Bestandteil des Projekts:
1. Elektrifizierung auf gesamter Strecke. Zweigleisiger Ausbau zwischen Bad Laasphe und Cölbe, und Erhöhung der Vmax auf 120 Km/h (+50%), Ausbau im Bestand auf 80 bis 100 Km/h zwischen Kreuztal und Bad Laasphe (+25 – 33%). Damit einhergehend Sicherung/Rückbau der ungesicherten Übergänge im Streckenverlauf. Reduktion der Fahrtzeit Erndtebrück-Marburg von derzeit 1h 27 auf unter 1h 15, wenn möglich unter 1h.
2. Einrichtung der vom RMV geplanten Haltepunkte (BID-Kaufland, Eckelshausen, Lahntal-Kernbach) und Wiederaufbau der rückgebauten Bahnsteige in Caldern, Sterzhausen und Göttingen.
3. Teilreaktivierung der Scheldetalbahn bis zum Ortseingang Breidenbach mit Herstellung des Railports an der Perf und Vorhalten der Möglichkeit, die komplette Strecke nach Dillenburg zu reaktivieren.
4. Elektrifizierung und Ausbau im Bestand der Stichstrecke nach Bad Berleburg, um nicht exklusiv für die RB93 Akku- oder Hybridfahrzeuge beschaffen zu müssen.
Die Umsetzung der baulichen Maßnahmen erlaubt dann folgendes Betriebskonzept:
1. Taktverdichtung der RB 94 Erndtebrück – Marburg auf durchgehend stündlichen Betrieb, halbstündlich zwischen Bad Laasphe und Marburg. Bei entsprechender Vertaktung mit dem Busnetz sind die Haltepunkte Sterzhausen und/oder Caldern ideal geeignet, um den Pendelverkehr von/zu den Behringwerken aufzufangen, welcher aktuell mangels effektiver Busanbindung praktisch zu 100% mit dem PKW stattfindet.
2. Einrichtung eines (zwei)stündlichen RE 94 (Siegen -) Erndtebrück – Marburg. Aktuell beträgt die Fahrtzeit ab Siegen mindestens 2h 30min, da die RB überall hält. Bei entsprechendem Ausbau und Rollmaterial (z.B. FLIRTs oder Talent3) sollte ein RE dies bestenfalls in 1h 45min schaffen können – und damit ebenso schnell wie der Weg über Gießen und bedeutend schneller als der MIV. Dieser hätte folgendes Halteschema: Siegen Hbf, Siegen-Weidenau, Kreuztal, Hilchenbach, Erndtebrück, Feudingen, Bad Laasphe, Wallau, Biedenkopf, Friedensdorf, Sterzhausen, Cölbe, Marburg Hbf
3. Mit Inbetriebnahme des Railports Nutzung der Strecke für den SGV und damit Senkung des Schwerlastverkehrs auf der B62 um wenigstens 75%, da Anlieferung und Versand über den Schienenweg erfolgen können.
4. Einrichtung einer stündlichen RB Breidenbach – Marburg (- Gießen).
5. Nutzung als Umleitung für Güterzüge bei Sperrung der Dillstrecke Siegen – Gießen oder der Main-Weser-Bahn im Bereich Marburg – Gießen (letzteres idealerweise über die Scheldetalbahn).
Konfliktstellen, welche die Umsetzung erschweren könnten:
1. Keine der im Zuge des Ausbaus der B62 errichteten Überführungen über die obere Lahntalbahn dürfte die lichte Höhe aufweisen, um problemlos eine Oberleitung unter diesen durchführen zu können. Besonders augenfällig ist dies bei den aktuell in Bau befindlichen Brücken der OU Lahntal-Göttingen.
2. Im Bereich der Mündung der Wetschaft in die Lahn ist davon auszugehen, dass der Lahntalradweg, der hier direkt neben den Gleisen entlangführt, verlegt werden muss.
3. In Goßfelden läuft die Ideenfindung zum Bau einer Mehrzweckhalle zwischen östlichem Ortsausgang, Kreisverkehr der B62 und der Bahnstrecke, inkl. der Einrichtung einer Querungsmöglichkeit zur Lahnfelshalle. Das Baufeld würde den Platz für ein zweites Gleis samt Oberleitungsmasten erheblich einschränken.
4. Für die zahlreichen ungesicherten Übergänge, meist von Feld- und Wanderwegen, müsste Ersatz gefunden werden, damit die Landwirtschaft nicht über Gebühr beeinträchtigt wird.
5. In den Ortsdurchfahrten wird der Bau von Lärmschutzwänden nicht zu vermeiden sein, diese sollten daher so gestaltet sein, dass sie optisch möglichst wenig stören und sich in das Ortsbild einfügen.
6. Sofern die im Bundesverkehrswegplan 2030 als vordringlich eingestuften Ausbauten der B62 – vierspurig zwischen Göttingen und AS Cölbe (NKV 4,0), OU Buchenau mit Tunnel Silberg (NKV 2,2), OU Eckelshausen parallel zur Lahntalbahn (NKV 1,9) sowie die OU Breidenbach (NKV 2,5) – umgesetzt werden, würde der MIV noch weiter bevorteilt und die Nutzung des ÖPNV unattraktiver machen. Speziell die OU Eckelshausen beansprucht Flächen, die für den zweigleisigen Ausbau der Bahnstrecke benötigt werden, die OU Eckelshausen und die OU Buchenau erfordern Brücken über die Lahntalbahn.
Nach nochmaliger Sichtung des BVWP 2030 um einen Punkt 6 bei den Konfliktstellen ergänzt.