Beschreibung des Vorschlags
Europa-Korridor Hamburg-Kopenhagen
Die Bahnstrecke zwischen Hamburg und Lübeck ist Teil des Europa-Korridors Hamburg-Kopenhagen. Dieser wurde und wird in Zukunft aufwändig ausgebaut, mit dem 18,1 km langen Fehmarnbelttunnel als Herzstück. Dieser wird Deutschland und Dänemark miteinander verbinden, und mit 200 km/h befahrbar sein. In Dänemark wurde bereits zwischen Kopenhagen und Ringsted eine 60 km lange Neubaustrecke errichtet, zwischen Ringsted und dem Dänischen Tunnelportal sind umfangreiche Ausbauten geplant. Auch zwischen dem deutschen Tunnelportal und Lübeck sind aufwändige Ausbauten mit umfangreichen Neutrassierungen geplant. Zwischen Hamburg und Lübeck sind hingegen keine Aus- oder Neubauten geplant, dort soll die mit größtenteils 160 km/h befahrbare Bestandstrecke genutzt werden, auf welcher auch 2 stündliche REs Lübeck Hamburg, teilweise auch zukünftig die Linie S4 der S-Bahn Hamburg, verkehren. Für den Zweig von Lübeck nach Berlin sind hingegen Streckenausbauten sowie der Bau einer Verbindungskurve bei Bad Kleinen geplant. Angesichts der Tatsache, dass die Trajekt- ICEs bzw. ECs Kopenhagen – Hamburg früher nach Berlin durchgebunden waren (wohlgemerkt fuhren sie zwischen Hamburg und Berlin maximal 200 km/h, und den ganzen Weg mit Diesel), dies aber mittlerweile nicht mehr sind, ist davon auszugehen, dass die Linie von Hamburg nach Kopenhagen auch nach Abschluss aller geplanten Bauarbeiten von deutlich größerer Bedeutung sein wird, als die von Kopenhagen nach Berlin.
Fernverkehr nach Süddeutschland
Hinzu kommt, dass zwischen Hamburg und Lübeck verlängerte Fernverkehrszüge aus Süddeutschland fahren. Beispielsweise die Linie 25 aus München verkehrt mehrmals täglich nach Lübeck, die IC-Linie 30 mit Einzelleitungen bis Burg auf Fehmarn. Auch dieses Angebot muss die mit maximal 160 km/h befahrbare Strecke zwischen Hamburg und Lübeck nutzen. Zudem muss in beide Richtungen das Gleis 8 des Hamburger Hauptbahnhofes genutzt werden, da dieses das einzige ist, was sich sowohl von Hamburg-Harburg aus als auch von Lübeck aus (ohne großen Umweg über Rothenburgsort) anfahren lässt. Dies macht bei einer Angebotsausweitung dies den Betrieb sehr anfällig, weswegen diese nach momentanem Ausbauzustand zwar wünschenswert, aber nicht realistisch umsetzbar ist. Angestrebt werden sollte die zwesitündliche Verlängerung einer Linie nach Lübeck, plus Einzelzüge, was dem Angebot, welcher von Hamburg nach Kiel verlängert ist, in etwa entspricht.
Allgemeines zur Strecke
Der Bau dieser Strecke löst beide genannten Punkte: Zum einem wird statt der mit maximal 160 km/h befahrenen Bestandstrecke eine mit bis zu 250 km/h befahrbare Neubaustrecke genutzt. Zum anderen führt diese Strecke planmäßig über Rothenburgsort, so dass sich ohne Zeitverlust die Gleise 11 bis 14 des Hamburger Hauptbahnhofs anfahren lassen, welche auch von Hamburg-Harburg aus anfahrbar sind. Auf diese Weise wird das Verlängern von Fernverkehrslinien aus Süddeutschland nach Lübeck deutlich erleichtert.
Ausbaustrecke – Variante 1
Zwischen dem Abzweig Allermöhe (Einmündung Gütergleise) und dem neuen Abzweig zur NBS wird die Strecke Hamburg-Berlin um ein 3. Gleis erweitert, um die zusätzliche Belastung aufzunehmen. Dieser ABS-Abschnitt ist 1o km lang, „unterbrochen“ ist er durch die 1 km lange Ausweichstelle Nettelnburg, wo bereits 3 parallele Gleise liegen. Dort ist kein paralleler Neubau eines Gleises erforderlich. Im Bahnhof Bergedorf wird eines der 3 S-Bahn-Gleise zu einem Fernbahngleis umgewidmet, für den Regelbetrieb der S-Bahn sind nur 2 Bahnsteiggleise erforderlich.
Ausbaustrecke – Variante 2
Die Variante 2 der Ausbaustrecke sieht vor, zwischen dem Bahnhof Hamburg-Bergedorf und der S-Bahn-Station Wohltorf eines der beiden S-Bahn Gleise zu einem Fernbahngleis umzuwidmen. Diese Variante ist wesentlich Platz-, Umwelt- und Anwohnerfreundlicher, bedeutet aber eine Eingleisigkeit der S-Bahn. Das eine Eingleisigkeit der S-Bahn auf Außenästen durchaus möglich ist, zeigen zum Beispiel die Strecken Wohltorf-Aumühle und Blankenese-Wedel.
Die Länge des 3-Gleisigen Ausbaus der Fernbahnstrecke reduziert sich in dieser Variante auf 3,5 km.
Neubaustrecke
Die Strecke beginnt am km 265,5 der Bahnstrecke Berlin-Hamburg, zwischen den S-Bahn-Stationen Wohltorf und Aumühle. Dort wird die Neubaustrecke aus der mit zu 200 km/h befahrbaren Strecke ausgefädelt, wobei die Weichen abzweigend auf die Strecke nach Lübeck führen. Auch der Abzweigende Ast der Weichen ist dabei mit 200 km/h befahrbar. Um für die Ausfädelung am nördlichen Gleis Platz zu schaffen, müssen die Gleise der S-Bahn Hamburg auf etwa einem Kilometer Länge um mehrere Meter nach Norden verlegt werden.
Direkt anschließend an die beiden Weichen führen beide Richtungsgleise nach Lübeck auf eine 1,25% steile Rampe nach unten, welche in den etwa 4.4eter langen Billetunnel, welcher aus zwei getrennten Röhren besteht. Dieser tangiert die Bebauung von Aumühle in geringem Abstand, und unterquert eine natürliche Erhebung im Sachsenwald, das Landschaftsschutzgebiet Billetal, die Gleise der S-Bahn Hamburg sowie im südlichen Streckengleis die beiden Gleise der Bahnstrecke Berlin – Hamburg.
Ab dem Nordportal des Billetunnels ist die Strecke dann mit 250 km/h befahrbar. Bei Witzhave wird das NSG Billetal mit einer kurzen, ca. 10 Meter hohen Talbrücke überspannt, in unmittelbarer Nähe zur Brücke der A24 über selbiges Tal. Im weiteren Verlauf befinden sich bei Trittau und im Raum Berkenthin/Krummesse jeweils ein Regionalbahnhof. Jeder davon besteht aus zwei 1100 Meter langen Seitengleisen mit 210 Meter langen Bahnsteigen. Diese Bahnsteiggleise sind mit 100 km/h befahrbar.
Bei Krummesse wird der Elbe-Lübeck-Kanal mit einer lichten Höhe von 7 Metern überquert. Ab dieser Brücke ist die Strecke noch mit 200 km/h befahrbar. Kurz vor dem Einschwenken in das Bestandsnetz wird die A20 und ein Gewerbegebiet in einem 1.300 Meter langen Tunnel unterquert, welcher beide Gleise in einer Röhre aufnimmt und mit 160 km/h befahrbar ist. Die letzte Kurve der Neubaustrecke führt in die „Kimme“ der bestehenden Bahnstrecken hinein und ist ebenfalls noch mit 160 km/h befahrbar. Diese Geschwindigkeit ist auf den zur NBS führenden Gleisen noch bis zur letzte Kurve vor dem Lübecker Hbf möglich, diese ist dann noch mit 100 km/h durchfahrbar. In dieser Kurve wird das Richtungsgleis Hamburg-Lübeck der bestehenden Bahnstrecke über Bad Oldesloe in einem Überwerfungsbauwerk unterquert.
Ingenieurbauwerke:
Bergmännischer Tunnel Sachsenwald
Länge: 4.400 m / Röhren: 2
Billetalbrücke Witzhave
Länge: 180 m / Lichte Höhe: 10 m
Elbe-Lübeck-Kanal-Brücke Krummesse
Länge: 75 m / Lichte Höhe: 7 m
Tunnel Schiereichenkoppel
Länge: 1.300 m / Röhren: 1
S4 Ost
Durch die neu gewonnene Kapazität kann die S4 Ost bereits direkt ab Hasselbrook, und nicht wie geplant erst ab Ahrensburg-Gartenholz auf die Bestandsgleise einmünden, welche sie sich nur mit dem RE teilt. Der 4-gleisige Ausbau Hasselbrook – Ahrensburg-Gartenholz (Länge: 20 km) kann entfallen.
Bedienung
Fernverkehr
Linie |
Zuglauf |
Takt (Min) |
ICE/ECE 75 |
Hamburg Hbf – Lübeck Hbf – Nykobing F St – Naestved St – Kobenhavn H |
120 |
ICE 25 |
München Hbf – Würzburg Hbf – Fulda – Kassel-Wilhelmshöhe – Hannover Hbf – Hamburg Hbf – Lübeck Hbf |
120 |
ICE 22 |
Stuttgart Hbf – Mannheim Hbf – Frankfurt (M) Hbf – Kassel-Wilhelmshöhe – Hannover Hbf – Hamburg Hbf – Lübeck Hbf |
Einzelne Zugpaare |
IC 30 |
Köln Hbf – Düsseldorf Hbf – Essen Hbf – Münster Hbf – Bremen Hbf – Hamburg Hbf – Lübeck Hbf – Timmendorfer Strand – Haffkrug – Fehmarn-Burg |
Einzelne Zugpaare |
Die Fahrzeit zwischen Hamburg Hbf und Lübeck Hbf beträgt etwa 25-26 Minuten für ICEs mit 250 km/h, und etwa 29-30 Minuten für ICs mit 200 km/h. Damit wird die Fahrzeit gegenüber heute um etwa 12 Minuten bzw. 32% gesenkt.
Regionalverkehr
Linie |
Zuglauf |
Takt (Min) |
RE 81 |
Hamburg Hbf – Hamburg-Bergedorf – Trittau – Berkenthin/Krummesse – Lübeck Hbf |
60 |
Der RE 81 übernimmt die Liniennummer der RB 81, die zur S4 umgewandelt werden wird. Er befährt die Strecke mit maximal 160 km/h. Die Fahrzeit beträgt etwa 40 Minuten, und entspricht damit in etwa den Fahrzeiten von sowohl Fern- als auch Nahverkehr auf der Bestandstrecke über Bad Oldesloe. Die Linie dient hauptsächlich der Erschließung, sowie der kapazitiven Angebotsausweitung zwischen Hamburg und Lübeck.
Güterverkehr
Die Strecke soll möglichst den gesamten Güterverkehr im Korridor aufnehmen. Im Güterverkehr können die beiden Regionalbahnhöfe als Überholbahnhöfe genutzt werden.
Die Altstrecke ist wie mit dem Lineal gezogen – warum diese nicht schneller machen?
Erstens ist sie das nicht, es gibt mehrere Kurven, die nur gerade so mit 160 km/h befahrbar sind, und diese sind allesamt innerhalb von Bebauung. Exmplarisch zu nennen sind hier die Einfahrtskurven in Bad Oldesloe und in Ahrensburg.
Zweitens geht es hierbei nicht nur um Geschwindigkeit, sondern auch um Kapazität, Erschließung, und der Führung von Fernzügen auf Gleis 11-14 des Hbf.
Ich weiß, die Beschreibung ist lang, lesen kann mans trotzdem 😉
Das sieht gut aus, müsste man schauen was im Vergleich mehr Sinn macht. Knackpunkt des ganzen wird wahrscheinlich eh der Hamburger Hauptbahnhof sein. Wie es mit den Fahrgastpotential aussieht kann ich nicht wirklich sagen, da muss ich auf meine mangelnde Ortskenntnis verweisen. Alles in allem aber ein solider Vorschlag mit – für diesen Korridor – erfrischend-anderer Herangehensweise.
Danke 🙂
Ja, ist wohl wie bei allem: Gibt mehrere Möglichkeiten, gute wie schlechte, welche genau von den guten definitiv die beste ist, kann man als Laie eh nicht sagen.
Von der verkehrlichen Streckenführung erachte ich dies als die beste Variante. Sie ermöglicht eine Beschleunigung der FV-Züge, kommt ohne teure Untertunnelung in Hamburg aus, ermöglicht dort einen flexibleren Betrieb und nutzt die schon recht schnell befahrbare Strecke über Bergedorf mit. Auch in Lübeck kommt man schnell und ohne Tunnel in den bestehenden Bahnhof. Eine Anbindung Trittaus ist auch durchaus ein sinnvoller Nebeneffekt.
Umwelttechnisch sieht die Strecke dagegen weniger gut aus. Zerschneidung von Wald und landwirtschaftlichen Flächen, keine Bündelung mit bestehenden Verkehrsstrecken, Schutzgebiete können zwar oder müssen sogar untertunnelt oder überbrückt werden, was mit Kosten und Beeinträchtigungen verbunden ist.
Der Halt Berkenthin/Krummesse liegt schon sehr weit ab jeder Bebauung, sodass dieser nur für Hamburgpendler interessant werden dürfte, nach Lübeck lohnt sich der Weg zum Bahnhof für die wenigsten. Der Regionalverkehr über die NBS dürfte daher zu ca. 95% aus Fahrgästen Lübeck < -> Hamburg bestehen.
Fazit: An den Endpunkten gut, dazwischen eher weniger die optimale Lösung. Ich wüsste aber auch nicht, wie man das optimieren könnte. Möglich wäre halt ein Ausbau mit teilweiser Bündelung zur Strecke Büchen – Lübeck, allerdings wäre dann der Umweg schon wieder so groß, dass es zwar als Alternativstrecke für den Güterverkehr, aber nicht als Beschleunigung für den FV nutzen könnte.
Schön, dass du mir zustimmst, was die verkehrliche Streckenführung betrifft 🙂
Zur Umweltthematik habe ich gerade an anderer Stelle schon etwas geschrieben:
Es ist derzeit geplant, vom Dreieck Bargteheide nach Geesthacht eine Autobahn zu bauen, durch die gleiche Gegend, durch die auch mein Vorschlag führt, auf gänzlich neuer Trasse. Wenn das durchgeht, aber man bei einem Bahnstreckenbau nutzensenkende Kompromisse eingehen muss, weil eine gänzlich neue Trasse aus Umweltgründen nicht gehen soll, dann ist unserem Land beim aller besten Willen nicht mehr zu helfen.
Dann hier auch nochmal meine Antwort von dort:
Umweltaspekte sind im Gegensatz zu Lärmthemen vor allem Rechtsangelegenheiten (zwar kann es dort auch klagende Naturschützer geben, aber wenn es die Sache rechtlich abgesichert ist, haben sie nur eine geringe Chance). Und bei dieser Thematik spielt vor allem die Alternativenprüfung eine Rolle. Das Prüfschema geht also wie folgt: Führt Trasse A durch ein Schutzgebiet, muss geprüft, ob Vermeidungsmaßnahmen zumutbar sind. Bei ein paar 100 Mio. sind sie es i.d.R. nicht einfach so, also muss man in die Alternativenprüfung. Wenn dort ohne Vermeiungsmaßnahmen eine günstigere Trasse gefunden werden kann, ist diese zu bevorzugen.
Und eben diese Prüfkaskade ist sowohl bei der neuen Bahnstrecke als auch bei der Autobahn durchzugehen – und zwar unabhängig voneinander. Wobei man natürlich prüfen könnte, eine gemeinsame Trasse zu finden…
Ein Naturschutzgebiet hat man hier ja nicht, nur das LSG Billetal. Das wird in meinem Vorschlag einmal untertunnelt und einmal überbrückt. Der Tunnel ist so oder so nötig, denn (ich erlaube mir meine eigene beschreibung zu zitieren): „Dieser tangiert die Bebauung von Aumühle in geringem Abstand, und unterquert eine natürliche Erhebung im Sachsenwald, das Landschaftsschutzgebiet Billetal, die Gleise der S-Bahn Hamburg sowie im südlichen Streckengleis die beiden Gleise der Bahnstrecke Berlin – Hamburg.“
Und die Brücke ist ja jetzt auch nicht soooo übermäßig teuer, und befindet sich in unmittelbarer Nähe zur Brücke der A24 über das selbe Tal.
Wenn wir mal von Alternativen reden: Die von Julian hat eindeutig noch mehr Tunnel und ist noch teurer, und die von amadeo hat als Folge der kompromisslosen Autobahnbündelung überall dort, wo die Autobahn durch Bebauung führt, auch Tunnel, und ist jedenfalls auch nicht wirklich günstiger.
Allgemein war mein Einwand, dass durch dieses Gebiet eine Autobahn gplant wird, eher darauf angezielt, dass du die Zerschndeidung von Wald- und Landwirtschaftsflächen kritisiert hattest: Was eine Autobahn darf, darf eine Eisenbahn schon lange.
Eine Bündelung mit der geplanten A21 darfst du gerne versuchen vorzuschlagen, ich prophezeihe aber, dass das nichts wird, denn das eine ist eine Art großräumiger Autobahn-Ring von Hamburg, das andere eine Radiale von Hamburg weg.
Auch wenn ich mir im Klaren darüber bin, dass dieser Vorschlag sich mit meinem jüngsten ganz schön beißt, finde ich ihn ganz interessant.
Warum? Weil er eine perfekte Ergänzung für den von mir vorgeschlagenen Regionalzugtunnel Hamburg wäre. Zum einen könnten hiermit auch aus Lübeck kommende Züge diesen erreichen, zum anderen schafft der Regionalzugtunnel viel Kapazität für längere Bahnsteigaufenthalte der ICEs aus Süden, mit dieser Strecke könnten die dann im Hamburger Hbf wenden und weiter nach Lübeck fahren. So würde die Anbindung Lübeck stark verbessert und gleichzeitig die Verbindungsbahn entlastet werden.