2. Gleis Oker – Vienenburg + Gleiswechselbetrieb

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Beschreibung des Vorschlags

Der (Stand: 2021) eingleisig geführte Streckenabschnitt Oker–Vienenburg der Bahnstrecke Goslar–Vienenburg soll zweigleisig ausgebaut werden. Dieser Abschnitt ist im Gleiswechselbetrieb einzurichten.

Begründung

Der Abschnitt ist Teil der „Nordharzstrecke“ zwischen Seesen und Halberstadt/Halle. Sie wird pro Stunde von vier Regionalbahnen befahren (2x RB 43 Goslar–Braunschweig und durchschnittlich 1x RE 21 Goslar–Magdeburg und 1x RE Goslar–Halle). Zusätzlich findet Güterverkehr auf der Strecke statt, insbesondere Transporte der Salzgitter AG zwischen Salzgitter und Ilsenburg und Holztransporte.

Zumindest in den letzten Jahren erwies sich die Trasse aus zwei Gründen als unzuverlässig:

Das Ergebnis sind regelmäßige Verspätungen. Besonders problematisch ist, dass die RE 4/21 in Goslar eine gewichtige Anschlussbeziehung zur Linie RE 10 von/nach Hannover und etwas nachrangiger zur RB 82 nach Göttingen haben. Damit aber mehr Menschen Bahn fahren, muss die Zuverlässigkeit infrastrukturell gewährleistet werden.

An dieser Stelle danke ich Thorben für den Großteil der Informationen im folgenden Absatz:

Für die Einführung des Gegengleisbetriebs bei zweigleisigem Ausbau spricht unter anderem, dass nach Einführung des DSTW-Betriebs ab 2023 das Feststellen des Zugschlusses ohne Personal vor Ort durch Gegengleisbetrieb redundant ist (bei Bauarbeiten an einem Gleis geschähe dies durch Zugmeldeposten, da die Stellwerke in Oker und Vienenburg unbesetzt sein werden). Laut Aussage von Thorben ist die Einrichtung eines GGB in Deutschland bei Anschluss einer Strecke an ein ESTW/DSTW üblich.

Historischer Hintergrund

Die Bahnstrecke Vienenburg–Goslar war im 20. Jahrhundert zunächst zweitgleisig ausgelegt. Sie war vermutlich (!) eher im Personenverkehr relevant, da der überregionale Güterverkehr über die parallel nördlich verlaufende und steigungsärmere Bahnstrecke Vienenburg–Langelsheim abgewickelt wurde und die Bahnstrecke Goslar–Vienenburg entlastete. Östlich von Vienenburg bestand mit der Bahnstrecke Halle–Vienenburg Anschluss an einen bedeutenden Güterkorridor. Seit 1912 bestand ab Oker zudem mit den Bahnstrecken Bad Harzburg–Oker und Heudeber-Danstedt–Bad Harzburg eine für den Passagierverkehr relevante Ost-West-Verbindung, die ebenfalls den Bedarf auf dem Streckenabschnitt Oker–Vienenburg senkte.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden sowohl die Bahnstrecke Halle–Vienenburg als auch die Bahnstrecke Heudeber-Danstedt–Bad Harzburg gekappt. Die Nachfrage im Landkreis Goslar sank massiv, sodass zunächst die parallel nördlich verlaufende Bahnstrecke Langelsheim–Vienenburg stillgelegt wurde. 

Schließlich wurde in den 1980er-Jahren der hier betrachtete Streckenabschnitt Oker–Vienenburg auf ein Gleis rationalisiert. Dies mag zur damaligen Zeit mit mangelndem Bedarf begründbar gewesen sein, da durch den Eisernen Vorhang seit dem Zweiten Weltkrieg keine Ost-West-Nachfrage bestand. 

Der Ost-West-Verkehr wurde im Landkreis Goslar durch die Wiedervereinigung wieder ermöglicht. Es wurde 1996 eine einzige Ost-West-Verbindung mit der neuen Bahnstrecke Ilsenburg–Vienenburg erstellt.

Das bedeutet, dass der Streckenabschnitt Oker–Vienenburg die Verkehrsbeziehungen von drei vormals eigenständigen Verkehrsrelationen auf einem Gleis übernimmt (Halle–Hannover über die Langelsheimer Strecke, Heudeber-Danstedt–Oker und Halle–Goslar).

Offizielle Planungen

Die mir einzige bekannte politische Erwägung eines zweigleisigen Ausbaus stammt vom Regionalverband Großraum Braunschweig. Im Nahverkehrsplan 2020 (Seite 140) heißt es: 

„Wegen der Überlagerung der RB43 und der RE4/21 (Magdeburg/Halle – Werningerode – Vienenburg – Goslar) auf dem eingleisigen Streckenabschnitt Vienenburg – Goslar ist die RB42/43 verspätungsanfällig.

In diesem Zusammenhang prüft und bewertet der Regionalverband ab 2018 verschiedene Ausbauszenarien im sogenannten Nordharzkonzept: Dabei wird geprüft, ob der zweigleisige Ausbau des Abschnittes Vienenburg – Oker sinnvoller ist als eine neue Streckenführung der RB43 von Goslar über Salzgitter-Bad nach Braunschweig, wobei letztgenannte Variante ebenfalls größere Aus- und Neubaumaßnahmen bedingt.“

Im September 2021 wurde angekündigt, dass der Ringelheimer Kurve (also die Führung einer Linie von Goslar über SZ-Bad nach Braunschweig) der Vorrang gewährt wurde. Diese Maßnahme ist begrüßenswert, da somit die Verbindung zwischen Goslar und Braunschweig deutlich verbessert werden kann und SZ-Bad und Goslar überhaupt erst eine Direktverbindung erhalten. Es ist aber zu bemängeln, dass dafür der Ausbau des Streckenabschnitts Oker–Vienenburg (vermutlich) verworfen wurde. Klar wird dies erst, wenn das Konzept 2030 herausgegeben ist.

Perspektiven

Es ist in den nächsten Jahrzehnten wahrscheinlich, dass der Streckenabschnitt Hannover–Goslar–Halle (Saale) elektrifiziert wird, sollte die Bundesregierung und DB Netz (oder welche Organisation auch immer folgt) nicht komplett in der Aufwertung der Bahn versagen. Erste Stimmen auf Landesebene (Beispiel: Lynack, Landrat Kreis Hildesheim, 2021) sind hierin zu vernehmen, die die Elektrifizierung zumindest von Teilen des Netzes fordern. Im Zusammenhang mit dem politischen Willen, den Güterverkehr auf der Schiene zu steigern, wird diese Strecke auch als Entlastung für den Ost-West-Verkehr in Frage kommen. Im Rahmen einer vorausschauenden Politik ist die Diskussion um einen zweigleisigen Ausbau der Strecke meiner Ansicht nach daher sinnvoll. 

Metadaten zu diesem Vorschlag

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4 Kommentare zu “2. Gleis Oker – Vienenburg + Gleiswechselbetrieb

  1. In Österreich wird generell immer Gleiswechselbetrieb eingerichtet. In Deutschland wird dies bei Umbau auf ESTW auch oft gemacht, da bei Gegengleisfahren ohne Gleiswechselbetrieb zumeist der Zugschluss festgestellt werden muss, was insbesondere bei Güterzügen problematisch ist, wenn kein Personal der Infrastruktur mehr vor Ort ist. Bei Bauarbeiten werden dann oft Zugschlussmeldeposten eingesetzt.

    Sollte hier ein ESTW/DSTW verbaut werden, Gleiswechselbetrieb ja, in der Alttechnik wäre das nicht sinnvoll.

    1. Danke sehr für deine fachliche Auskunft!

      Die Strecke erhält tatsächlich sehr zeitnah eine DSTW-Anschluss, wenn die DB ihre Zeitplanung hier auch einhält, und zwar in nicht mal zwei Jahren im Oktober 2023. Die Projektbeschreibung heißt:

      „Das Harz-Weser-Netz erstreckt sich vom niedersächsischen Braunschweig über Göttingen bis nach Walkenried an der Landesgrenze zu Thüringen. Die vorhandene Stellwerkstechnik im Streckennetz entspricht nicht mehr den technischen und betrieblichen Anforderungen des Eisenbahnverkehrs. 

      Um auch künftig einen störungsfreien Betrieb zu ermöglichen, werden die teilweise über 100 Jahre alten Stellwerke auf den Abschnitten „Südharz“, „Südharz +“ sowie „Braunschweig-Süd“ durch Digitale Stellwerke (DSTW) ersetzt. 

      Mit der Modernisierung wird die Betriebsführung flexibler und zuverlässiger. Zudem wird der Instandhaltungsaufwand für die Infrastruktur deutlich gesenkt.“ (Link)

      Konkret gehört die Strecke Oker-Vienenburg zum Projektabschnitt „Südharz+“ (Link). Ich werde deinen Kommentar mit in den Vorschlag einbinden.

  2. Die Ringelheimer Kurve soll einer neuen RE-Linie dienen; ich hab das so verstanden, dass die RB Braunschweig–Wolfenbüttel–Goslar bleibt, nur dass die Zugteile getauscht werden, damit es etwas schneller nach Bad Harzburg geht.

    1. Kein RE, sondern eine RB (RB 48). In der PI vom RGB heißt es: „Damit soll eine neue, durchgehende Strecke RB48 Braunschweig – Salzgitter-Bad – Goslar entstehen.“ (Link)

      Und genau, die RB 42 aus Bad Harzburg wird zuletzt angekuppelt und zuerst entkuppelt, sodass Bad Harzburg einige Minuten schneller angebunden wird. Das ist für beide Städte eine Win-Win-Situation; höchstens Oker wird ein paar Minuten verlieren, aber das ist als Trade-Off akzeptabel. Goslar hat damit eine schnelle (RB 48) Verbindung über SZ-Bad und eine langsame (RB 43) Verbindung über Vienenburg und Wolfenbüttel.

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